Börsenweisheit auf dem Prüfstand,
„Nicht alle Eier in einen Korb legen!”

18.09.2024 – Geht’s hier noch um Aktien- oder Supermärkte? Dieser Börsenspruch mag seltsam klingen, ist aber zu Recht preisgekrönt. Wir erklären Ihnen, was dahintersteckt.

Erklärung,
Nicht alle Eier in einen Korb legen!” Was ist damit gemeint?

Torwart-Legende Oliver Kahn verlangte mal nach „mehr Eiern”. An der Börse hingegen soll vielmehr die Menge an Körben entscheidend sein – das zumindest legt die Börsenweisheit nahe, die im englischen Original „don’t put all your eggs in one basket” lautet.

Damit ist gemeint:

  • Wer sein ganzes Investment (also die „Eier”) in nur eine Anlage (bzw. einen „Korb”) steckt, der hat ein höheres Verlustrisiko.
  • Besser soll es dagegen sein, das investierte Geld möglichst „breit zu streuen” – also sprichwörtlich auf unterschiedliche Körbe zu verteilen. Dieses Prinzip nennt man „Diversifikation”.
  • Dabei kann das Geld innerhalb einer Asset-Klasse (z. B. in verschiedene statt nur eine Aktie investieren) oder über verschiedene Asset-Klassen gestreut werden (z. B. in ETFs, Fonds, Rohstoffe und Immobilien investieren).

Aber ist der Ratschlag denn wirklich das Gelbe vom Ei?

Die Portfoliotheorie nach Markowitz,
Börsenweisheit mit Nobelpreis

Tatsächlich steckt hinter der spaßig klingenden Börsenweisheit eine große wirtschaftstheoretische Erkenntnis des 20. Jahrhunderts:

Der Satz „Don’t put all your eggs in one basket” wird Harry Markowitz zugeschrieben. Der Ökonom entwickelte in den 1950er Jahren die moderne Portfoliotheorie und gilt als Begründer des Diversifikationsprinzips. Dafür erhielt er 1990 den Nobelpreis.

In seinem Werk weist Markowitz nach, dass das Risiko eines Portfolios – also die Summe aller Geldanlagen, in die Sie investiert haben – mit der Zahl der Investments abnimmt. Darin steckt bereits ein wichtiges Grundprinzip der Diversifikation: Ein Investment birgt mehr Risiken als mehrere Investments.

Doch warum ist das so?

Was das Risiko einer Geldanlage ausmacht

Dass Diversifikation das Investmentrisiko senken kann, hängt mit dem Gesamtrisiko einer Geldanlage zusammen. Das wiederum setzt sich aus Marktrisiken (sog. „systematische Risiken”) und spezifischen Risiken (sog. „unsystematische Risiken”) zusammen:

Marktrisiken sind Risiken, die – vereinfacht gesagt – die meisten Unternehmen gleichermaßen betreffen. Das können zum Beispiel Zinsänderungen, wirtschaftliche Entwicklungen oder politische Entscheidungen sein. Marktrisiken können Sie nicht durch Diversifikation reduzieren.

Spezifische Risiken sind Risiken, die Unternehmen selbst beeinflussen können. Sie beziehen sich zum Beispiel auf die Gesundheit des Unternehmens, Managemententscheidungen oder das Wettbewerbsumfeld. Solche „unternehmerischen Risiken” können Sie durch Diversifikation reduzieren.

Korrelation: Wie Diversifikation das Risiko senkt

Doch wie können Sie die Diversifikation für sich nutzen, spezifische Risiken reduzieren und Ihr Portfolio damit insgesamt sicherer machen?

Das gelingt durch das Prinzip der „Korrelation”: Das Risiko Ihres Portfolios sinkt, wenn Sie in verschiedene Anlageformen investieren, die nicht oder kaum miteinander korrelieren – also in keiner Wechselbeziehung stehen.

Dazu ein Beispiel:

Sie kaufen Aktie A eines Technologieunternehmens und Aktie B eines Lebensmittelunternehmens. Die Nachfrage im Technologiesektor steigt und damit auch der Kurs von Aktie A. Zeitgleich sinkt der Kurs von Aktie B aufgrund steigender Rohstoffpreise. Hier zeigt sich: Aktie A und Aktie B korrelieren nicht miteinander – das Steigen des einen Kurses hat nichts mit dem Fallen des anderen zu tun. Daher können Sie den Kursverlust von Aktie B möglicherweise durch die Kurssteigerung von Aktie A ausgleichen.

Daraus folgt:

  • Investieren Sie innerhalb einer Asset-Klasse in verschiedene Aktien aus unterschiedlichen Ländern und Branchen sowie in Nebenwerte, Blue Chips, Value- und Growth-Aktien, die nicht dieselben unternehmerischen Risiken teilen – und damit auch nicht miteinander korrelieren. Das kann das Risiko Ihres Portfolios reduzieren.
  • Auf diese Weise lassen sich unternehmerische Risiken bis zu einem gewissen Grad ausgleichen. Die Marktrisiken bleiben allerdings bestehen.

Unser Tipp für Anleger,
Körbe, wir brauchen Körbe!

Viele Börsenweisheiten gründen sich auf Erfahrungswerte und Bauchgefühle. Anders ist es mit „Nicht alle Eier in einen Korb legen”: Das Diversifikationsprinzip gehört zu den Grundlagen des modernen Portfoliomanagements und wird von allen Experten angewendet.

Auch Privatanleger können und sollten die Börsenweisheit beherzigen:

  • Stellen Sie Ihr Portfolio breit auf: In unserem Artikel zum Thema „Depotstrukturierung” finden Sie viele hilfreiche Tipps, um Ihre Investments klug auszubalancieren.
  • Investieren Sie in diversifizierte Geldanlagen: Mit ETFs und Fonds können Sie direkt in verschiedene Unternehmen, Branchen, Länder und Assetklassen investieren. Auch Aktien, Anleihen und Zertifikate tragen zu einem breit diversifizierten Depot bei.
  • Nutzen Sie Wertpapier-Sparpläne: So können Sie schon mit 25 Euro im Monat in diversifizierte Fonds oder ETFs investieren.