Wenn keiner den digitalen Euro will

In ihren Plänen zur Einführung eines digitalen Euro nimmt die EZB stillschweigend an, dass die Bürger ihn auch wollen.

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Dr. Jörg Krämer

Commerzbank Economic Research

12. August 2024

Aber bietet er ihnen wirklich konkrete Vorteile?

Die Europäische Zentralbank (EZB) stellt die Vorteile des geplanten digitalen Euro offensiv heraus. Wenn die Bürger das Geld der EZB nicht nur physisch als Banknoten, sondern auch digital als Guthaben auf EZB-Konten oder auf Mobiltelefonen zur Verfügung hätten, würden Innovationen im Zahlungsverkehr gefördert, die Abhängigkeit von ausländischen Zahlungsdienstleistern gesenkt und die strategische Autonomie Europas erhöht. Das setzt aber voraus, dass die Bürger den digitalen Euro annehmen. Dafür müsste er dem Einzelnen konkrete Vorteile bieten. Genau das ist jedoch fraglich. In Abwandlung eines Slogans der Friedensbewegung könnte es am Ende heißen: „Stell Dir vor, der digitale Euro ist da, und keiner nutzt ihn.“

Nur ein kleiner Teil der Guthaben absolut sicher, ...

Der digitale Euro soll den Bürgern nach Plänen der EZB auf einem EZB-Konto zur Verfügung gestellt werden. Privatleute und Unternehmen sollen Guthaben nicht wie bisher nur bei Geschäftsbanken unterhalten dürfen, sondern auch bei der EZB, wobei sie die damit verbundenen Dienstleistungen wie das Führen der Konten oder das Bereitstellen elektronischer Kontoauszüge den Geschäftsbanken übertragen würde. Weil die Guthaben rechtlich bei der EZB liegen und diese anders als Geschäftsbanken keinerlei Ausfallrisiko hat, wären die Guthaben absolut sicher. Das wäre aus der Sicht der Bürger ein konkreter Vorteil. Allerdings will die EZB die Guthaben auf ihren Konten beschränken, wobei häufig eine Obergrenze von 3000 Euro je Kopf genannt wird. Dann könnten viele Bürger nur einen kleinen Teil ihrer Guthaben bei der EZB unterhalten.

... um digitale Bankruns zu vermeiden

Zu dieser Beschränkung ist die EZB gezwungen, um einen möglichen digitalen Ansturm auf die Banken zu verhindern. Denn bei vermeintlichen oder tatsächlichen Krisen könnten die Bürger in kurzer Zeit per Mausklick riesige Beträge von ihren Konten bei den Geschäftsbanken auf ihre Konten bei der EZB überweisen, um ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Dann würden den Banken ihre Guthaben auf den EZB-Konten ausgehen, ohne dass die EZB rasch für ausreichend Ersatz sorgen könnte. Es drohte eine Liquiditätskrise mit dem Zusammenbruch von Banken.

Den vollständigen Text finden Sie im PDF-Dokument.