Harmlose De-Globalisierung?

Die De-Globalisierung geht bisher vor allem auf China zurück.

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Dr. Jörg Krämer

Commerzbank Economic Research

14. Oktober 2024

Aber die Gefahren für den Welthandel dürften zunehmend auch aus den westlichen Ländern kommen.

Anders als in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg wächst der Welthandel seit 2008 nicht mehr deutlich schneller, sondern langsamer als das globale Bruttoinlandsprodukt. Der Anteil des Welthandels an der weltweiten Wirtschaftsleistung sinkt. Diese De-Globalisierung liegt bisher vor allem an China, aber die Gefahren für den Welthandel dürften zunehmend auch aus den westlichen Ländern kommen.

De-Globalisierung liegt bisher vor allem an China, ...

Rechnet man China aus dem Welthandel heraus, ist das Verhältnis des Außenhandels zum Bruttoinlandsprodukt seit 2008 nicht gefallen. Die De-Globalisierung muss also mit Entwicklungen in China zu tun haben. Zum einen fragen die Chinesen wegen des steigenden Wohlstands wie in entwickelten Ländern üblich überproportional Dienstleistungen nach. Deshalb bleiben weniger Ressourcen für die Produktion von Industriegütern, so dass der Export solcher Güter nicht mehr so schnell steigt. Zum anderen importiert China seit gut 15 Jahren weniger Zwischen- und Kapitalgüter und ersetzt sie durch heimische Produktion, was ebenfalls Ressourcen bindet und den Außenhandel bremst. Dagegen dürften die US-Strafzölle kaum ins Gewicht fallen, weil chinesische Waren zunehmend über Drittländer wie Vietnam oder Mexiko in die USA fließen.

... aber der Westen könnte nachziehen

Auch wenn die De-Globalisierung bisher vor allem an China liegt, kann man sich nicht entspannt zurücklehnen. Denn in den westlichen Ländern wächst der Protektionismus und bedroht den Handel auf breiter Front.

  • Friend Shoring: Politiker teilen die Welt zunehmend in Freund und Feind auf; ihre Unternehmen sollen vor allem mit befreundeten Ländern handeln – etwa um gefährliche Abhängigkeiten zu vermeiden. Dadurch geraten Länder, die politisch etwa zu China neigen, in das Visier des westlichen Protektionismus.
  • Industriepolitik: Viele Wähler in den westlichen Ländern glauben, dass die Globalisierung Industriearbeitsplätze vernichte und Arbeitnehmer zu Verlierern mache. Deshalb setzen immer mehr Länder auf Industriepolitik und zahlen hohe Subventionen, um inländische Unternehmen vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Darunter leidet der Warenaustausch zwischen den Ländern.
  • Da Industrieunternehmen innerhalb der EU wegen des Handelssystems für Verschmutzungsrechte für den Ausstoß von CO2 einen Preis entrichten müssen, wird die EU an ihren Außengrenzen einen CO2-Ausgleichszoll für Länder erheben, deren Unternehmen CO2 kostenlos in die Luft blasen dürfen. Dieser Grenzausgleich soll gleiche Wettbewerbschancen herstellen. Aber die betroffenen Länder könnten darauf mit Handelsbeschränkungen reagieren, oder die EU den Grenzausgleich protektionistisch missbrauchen.

Alles in allem gehen die Gefahren für den Welthandel nicht nur von China aus, sondern auch vom Westen. Das Umfeld für das Exportland Deutschland bleibt schwierig – umso wichtiger ist es, dass die Bundesregierung den Unternehmen im Inland endlich bessere Rahmenbedingungen bietet.

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