Ist wirklich alles Gold, was glänzt?

Gold gilt als sicherer Hafen im Sturm und ist eine beliebte Geldanlage der Deutschen. Wie kommt der Anleger zu diesem Edelmetall und wann lohnt sich die Investition?

Die antiquarische Geldanlage

Seit Jahrtausenden zieht Gold die Menschen in seinen Bann. Als Objekt der Begierde entfachte es Kriege und trug zur Kolonialisierung der Welt bei. Zudem ist das Edelmetall fester Bestandteil zahlreicher Mythen, Sagen und Geschichten – angefangen von König Midas und die Nibelungen über J.R.R. Tolkiens Fantasyroman „Der Hobbit“ bis hin zu Gert Fröbe als Gegenspieler von James Bond in „Goldfinger“. Und die Faszination ebbt nicht ab – im Gegenteil: Mit Beginn der Corona-Pandemie setzte der Goldpreis an der Börse zu einem rasanten Höhenflug an.

Martin Roth ist Experte für Asset Allocation und Musterportfolios bei der Commerzbank. Er erklärt, warum Gold in jedes Portfolio gehört, welche Möglichkeiten des Investments es gibt und wovor man sich besser hüten sollte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gold war in allen Krisen ein Garant für Werterhalt und ist daher ein sinnvoller Baustein in jedem Portfolio.
  • Eine Anlage kann als Münze oder Barren erfolgen, aber auch in Form von Wertpapieren. Hierbei gilt es, genau hinzuschauen.
  • Die aktuelle Rekordjagd beruht im Wesentlichen auf drei Faktoren: Unsicherheit, Geldflut an den Märkten und der schwache Dollar – angefacht vor allem durch die Corona-Pandemie, aber auch durch geopolitische Entwicklungen.
  • Experten gehen daher von weiter steigenden Edelmetall-Preisen aus.

Herr Roth, was macht den Reiz des Goldes aus?

Martin Roth: In der gesamten Menschheitsgeschichte umgibt Gold eine geheimnisvolle Aura. Und das, obwohl es selbst keinen großen Nutzwert besitzt. Dennoch hat Gold stets seinen Wert behalten – in allen Krisen. Und eben diese Eigenschaft lässt sich auf das Depot übertragen: Gold ist wie eine zeitlose Währung und damit ein gutes Absicherungsprodukt in bestimmten Konstellationen – etwa in Zeiten hoher oder drohender Geldentwertung.

Wer bestimmt denn den Wert des Goldes?

Letztlich regeln Angebot und Nachfrage den Preis. Langfristig gesehen stammt fast die Hälfte der Nachfrage aus der Schmuckindustrie. Hierbei sind vor allem China und Indien zu nennen, deren Bevölkerung ihre Ersparnisse häufig in Goldschmuck umwandelt. In Indien wird Gold auch traditionell zu Hochzeiten verschenkt. Eine gute Monsunsaison hat den Goldpreis immer positiv beeinflusst. Dieser Effekt lässt sich historisch belegen. Dieses Jahr fiel die Nachfrage im Zuge der Corona-Pandemie aber auch in diesen Ländern geringer aus.

Die zweite große Käuferschicht besteht aus kurz- oder langfristig orientierten Anlegern. Vorwiegend investieren sie ihr Geld in Barren, Münzen oder Wertpapieren. Hinzu kommen die Notenbanken, die traditionell immer einen Teil ihrer Reserven in Gold halten. Und natürlich tummeln sich an den Märkten immer auch Spekulanten.

Seit einigen Monaten kennt der Goldpreis nur eine Richtung: Im August durchbrach er erstmals die Marke von 2.000 US-Dollar. Wo liegen die Gründe hierfür?

Nach einigen ruhigen Jahren ging es mit dem Goldpreis seit Herbst 2018 zunächst leicht bergauf. Die Corona-Krise brachte die Dinge dann richtig ins Rollen. Das hat vor allem mit den geld- und fiskalpolitischen Antworten auf die Krise zu tun: Die Notenbanken haben die Gelddruck-Maschine angeworfen und gleichzeitig haben viele Staaten (oder Staatengemeinschaften wie die EU) immense durch Schulden finanzierte Konjunkturprogramme verabschiedet. Dadurch wurden die Märkte mit Liquidität geflutet und Liquidität sucht sich an der Börse immer ein Ventil. Diese Faktoren waren der Startschuss für Goldliebhaber und Spekulanten. Hinzu kam und kommt ein schwacher US-Dollar, wodurch Gold für Anleger außerhalb der Vereinigten Staaten im Verhältnis günstiger wurde.

Wo liegen die Limits?

Zunächst ist der Goldpreis zuletzt ja wieder zurückgekommen. Wir sehen aktuell ungewöhnlich hohe Schwankungen. Längerfristig befinden wir uns aber weiterhin in einer guten Ausgangslage für den Goldanleger: Die stark steigende Verschuldung von Staaten (und Unternehmen) sowie die allgemeine Verunsicherung werden die Menschen tendenziell weiter in Richtung Gold treiben – als Krisen- und Inflationsschutz. Geopolitische Risiken gibt es auch zuhauf. Zudem hat Gold durch das aktuelle Niedrigzinsumfeld seinen großen Nachteil gegenüber anderen Anlageklassen wie Staatsanleihen verloren. Gold ist zinslos, also herrscht jetzt „Waffengleichheit“. Die steigende Nachfrage trifft auf ein stagnierendes Angebot. Denn in den vergangenen Jahren gab es für Minenunternehmen kaum Anreize, neue Vorkommen zu erschließen – und solche neuen Vorhaben nehmen natürlich auch viel Zeit in Anspruch.

Welche Möglichkeiten gibt es für Privatanleger, in Gold zu investieren?

Bei Banken oder spezialisierten Händlern kann jeder physisches Gold kaufen, zum Beispiel in Form von Barren oder Münzen. Dabei muss auf das teils beachtliche Aufgeld vor allem bei kleinen Stückelungen geachtet werden. Bei Angeboten im Internet sollte man immer vorsichtig sein: Schnäppchen sind durch den international festgelegten Goldpreis keine zu machen. Die andere Form, in Gold zu investieren, sind Wertpapiere. Diese kann ich in meinem Depot mit der Wertpapierkennnummer (WKN) recht einfach erwerben. Bei Gold gibt es verschiedene Partizipationsmöglichkeiten. Darunter sind auch solche, bei denen das Gold physisch hinterlegt ist. Dafür ist Xetra-Gold ein gutes Beispiel. Rein rechtlich ist das eine Schuldverschreibung der Deutschen Börse AG, aber jeder Anteil entspricht einem Gramm Gold und kann auf Wunsch umgetauscht werden. Es gibt also einen Gegenwert in Gold. Natürlich kann jeder Anleger auch Aktien oder Fonds von Goldminen kaufen. Erfahrungsgemäß schwanken die Kurse dort aber stärker – in beide Richtungen!

Sollte jeder Anleger Gold im Portfolio haben?

Grundsätzlich raten wir dazu. In unseren Musterportfolios haben wir eine Edelmetall-Quote von drei bis acht Prozent. Dazu zählt nicht nur Gold, sondern auch beispielsweise Platin und Silber. Dadurch hat der Anleger Werte im Depot, die in der Regel bei besonderen Entwicklungen auf den Finanzmärkten profitieren. So stand Gold in den vergangenen Krisen immer wie eine sichere Bank da. Bei unseren verschiedenen Risikoprofilen setzen wir auf einen guten Mix aus physisch hinterlegten Wertpapieren sowie Goldminen-Fonds oder -Aktien.

Jüngeren Anlegern, die mit dem Vermögensaufbau beginnen, rate ich allerdings erst in der zweiten Runde zu Edelmetallen. Zunächst sollten sie sich auf die übrigen 90% ihres Depots konzentrieren. Hierfür eignen sich sehr gut Aktienfonds-Sparpläne.

Muss ich meinen Gewinn aus Gold eigentlich versteuern?

Das hängt stark vom Produkt ab. Verkaufe ich Sachwerte wie Barren und Münzen innerhalb von zwölf Monaten, muss ich einen möglichen Gewinn versteuern. Nach dieser Frist sind Gewinne steuerfrei. Genauso verhält es sich aktuell noch bei den Wertpapieren mit Umtauschmöglichkeit. Allerdings wird in der Politik derzeit eine Änderung diskutiert. Denkbar wäre, dass Anleger für diese Zertifikate künftig bei Gewinnen ebenfalls die Abgeltungssteuer in Höhe von 25% werden zahlen müssen. Bei den nicht umtauschbaren Zertifikaten oder den Minen-Aktien ist dies der Fall. Man sollte also auf aktuelle Meldungen dazu achten.

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