„Aufgeben gibt’s nicht!“
22.09.2023 – Antje Kuna-Theile, Geschäftsführerin Holz-Zentrum Theile GmbH
Antje Kuna-Theile kann stolz darauf sein, was ihre Familie und sie geschaffen haben. Ein erfolgreiches Unternehmen im strukturschwachen Brandenburg – auch wenn der Weg dahin nicht immer einfach war.
Eine deutsch-deutsche Erfolgsstory
Manchmal gibt es Geschichten, die einfach weitererzählt werden müssen. Weil sie von Menschen handeln, von denen man für sein eigenes Leben lernen kann. Über den Umgang mit Krisen, Wendepunkte, Durchhaltevermögen – und natürlich auch Erfolg, der hart erarbeitet wurde. Die Geschichte von Antje Kuna-Theile ist aber noch viel, viel mehr. Sie ist eine deutsch-deutsche Erfolgsstory, die ihren Beginn nach der Wende in Brandenburg hatte, in einem kleinen Ort namens Elsterwerda. Knapp 10 000 Einwohner mit Eingemeindungen. Wälder un Wiesen laden zum Wandern in den Naturpark Niederlausitzer Landschaft ein. Eine Naturidylle in einem strukturschwachen Gebiet an der Grenze zu Sachsen. Die Firma „Holzzentrum Theile“ ist dort mittlerweile mit 65 Angestellten einer der größten Arbeitgeber und Antje, die Tochter des Gründers, heute Geschäftsführerin und Hauptanteilseignerin des mittelständischen Unternehmens. Aber lassen wir die erfolgreiche Unternehmerin selbst von den Anfängen erzählen.
„Wir sind ein typisches Wende-Unternehmen und ich ein typisches Wendekind. Mein Vater war eigentlich Landmaschinenschlosser, hatte in der DDR eine Kartoffelsortieranlage aufgebaut, die er auch geleitet hat. In unserer Gegend hieß er nur der Knollenkönig. Und dann fiel die Mauer mit den bekannten Folgen. Es klingt ein wenig kitschig, aber es war so: Es meldete sich ein entfernter Verwandter aus Passau, der Sperrholz-Importeur war und, wie so viele, im Osten neue Absatzmärkte suchte. Bei meinem Vater stieß er auf offene Ohren, er witterte damals zu Recht ein Geschäft. Holzpaneelen waren damals ein großes Thema. Es war etwas Neues, etwas Tolles. So etwas gab es bei uns in der DDR nicht. Jeder wollte sein Zuhause verschönern. Also fuhr mein Vater mit dem Trabbi durchs Land, um Kunden und Lieferanten zu finden. Das war der Start.“
Übernahme des Familienbetriebs und Erweiterung des Sortiments
„Nur alleine von dem reinen Holz könnte man nicht wirklich die Umsätze generieren, die man braucht, um zu überleben,“ sagt Antje Kuna-Theile. Die Mutter von zwei erwachsenen Kindern, verheiratet mit einem Berufssoldaten stieg vollverantwortlich 1997 in das Familienunternehmen ein, 2015 übernahm sie als Hauptanteilseignerin die Leitung: „Ich liebe Holz. Es strahlt eine Wärme, Gemütlichkeit und Geborgenheit aus. Bei uns Zuhause sind alle Böden mit Holz ausgelegt, es gibt keine Teppiche, die Schränke sind aus Echtholzfurnier, Folienbeklebung, Laminate sind bei uns daheim ein no Go.“ Wärme und Geborgenheit, ein Zusammenhalt innerhalb der Familie, die Familie überhaupt gehören zum Erfolgsgeheimnis des Unternehmens. „in den Krisen hat sich unsere Familie immer bewährt von Anfang an,“ sagt die Unternehmerin, die schon als junge Frau, Entscheidungen ihrer Eltern, wie sie selbst sagt, „mitgetragen“ – und dabei auch verzichtet hat. Zum Beispiel auf ihren ersten Berufstraum.
„Eigentlich wollte ich Lehrerin werden. Aber als meine Eltern das Unternehmen ausbauen, dreieinhalb Millionen in den Kauf des 27 000 Quadratmeter Grundstück und den Bau von Hallen, Fertigungsstraßen wollte, stellte sich natürlich auch die Frage der Zukunft an uns Kinder. Und ich sagte: Ich bin dabei. Ich brach mein Grundschullehrer-Studium ab, weil ich mich ganz pragmatisch gefragt habe, warum soll ich Lehrerin werden, wenn meine Eltern einen Holzfachhandel besitzen?“
Also wurde Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Holzfachhandel studiert, eine Ausbildung, die nur weit von Zuhause möglich war, an einer Berufsakademie in Mosbach am Neckar. Danach noch ein halbes Jahr in einem Furnierwerk in Frankreich und eine Marketingausbildung in Hamburg. In der Zwischenzeit wurde die Geschäfte immer größer, die Familie setzte auf Wachstum, Größe und Relevanz im Markt gemäß ihres Firmencredos „Theile – Holz für alle Fälle“, hinzukamen Lieferanten aus Schweden, eine Niederlassung, 200 Kilometer entfernt von Elsterwerda in Bernau bei Berlin. Für die Ausbildung junger Menschen, mittlerweile sind es 70, gab es Preise. Die Tochter stieg in ein florierendes Vorzeige-Unternehmen ein, war zunächst für Marketing und Vertrieb zuständig. Doch dann erlebte die Familie so etwas wie ihre eigene Wende, die eine viel größere Herausforderung darstellte als die deutsch-deutsche 1989.
Zusammengehörigkeit in der Krise und neuer Bankpartner Commerzbank
Es war ein schleichender Prozess, den sich Antje Kuna-Theile nicht exakt erklären kann. Nach dem 11. September 2001 und den Anschlägen auf das World Trade Center und die Einführung des Euro veränderte sich Konsumverhalten und Wirtschaft schleichend. Es waren die Jahre der Verunsicherung. Vor allem wegen des Euros hatten die Menschen das Gefühl, alles sei plötzlich doppelt so teuer geworden. Die neue Währung verunsicherte vor allem in den neuen Bundesländern.
Irgendwann 2005/2006 stellten die kreditgebenden Banken plötzlich fest, dass die Expansionsstratgie viel zu „eng auf Kante genäht war und, wir, so die Argumentation damals, buchhalterisch gar nicht mehr zahlungsfähig sein könnten.“ Ein Schock für die Familie, der einen ungeheuren Kampfeswillen und ein beispielgebendes Zusammengehörigkeitsgefühl auslöste. Es wurden neue Umschuldungsmodelle erarbeitet, neue Tilgungsraten vereinbart, die Commerzbank kam als neuer Partner mit an Bord: „Sie hat aus Bankensicht die Hauptlast getragen. Wir mussten quartalsweise Berichte abgeben. Und in solchen Fällen sieht man sich regelmäßig. Das war oft hart. So etwas willst Du nie wieder erleben. Das war keine schöne Zeit.“
Für Antje Kuna-Theile ist das Leben wie eine Sinus-Kurve. Wenn es runtergeht, wird es auch irgendwann wieder bergauf gehen. Aber bloß nicht warten und hoffen, sondern Anpacken und raus aus dem Schlamassel: „Geht nicht, gibt`s nicht. Es gibt immer Lösungen, gemeinsam schaffen wir das“, waren die Devisen damals, mehr als bloße Durchhalteparolen. Die Familie verzichtete auf Geld, die Mitarbeiter, jedenfalls die meisten von ihnen, arbeiteten ohne zusätzliche Bezahlung täglich eine Stunde länger. Alle packten miteinander an, waren füreinander da. Die Kinder waren damals gerade mal fünf und zwei Jahre alt – für eine junge Mutter in einer wirtschaftlich schwierigen Situation mehr als nur eine Belastung. „Ich bin ja, sozusagen, ein DDR-Kind. Wir haben alles gut für die Kids organisiert: Krippe, Tagesmutter, Uroma, wenn`s nicht anders ging habe ich meine Tochter mit auf Reisen zu unserer Filiale nach Bernau genommen. Also, die Kinder haben von Anfang an mitbekommen, dass Arbeiten nicht weh tut.“
Der Führungsanspruch: Für die Mitarbeiter da sein
In dieser Zeit ist der Betrieb als große Familie zusammen gewachsen, für die die „Chefin“ auch eine große soziale Verantwortung spürt. Ihr Führungsanspruch ist, da zu sein, sich zu kümmern, immer ein offenes Ohr zu haben, auch mal unkonventionell zu helfen, wenn ein Mitarbeiter wegen einer hohen Tierarztrechnung nicht in Urlaub fahren kann. Oder den Azubi, der verschlafen hat, Zuhause abzuholen und in die Arbeit zu fahren. „Mir graut es davor, wenn die Menschen unter den hohen Preisen leiden. Ich weiß noch nicht wie ich damit umgehen werde, weil keiner so richtig weiß, was auf uns zukommen wird. Aber auch das werden wir gemeinsam schaffen.“ Gerade, weil jetzt das Fundament für die Zukunft gelegt wurde.
Auf Expanskionskurs mit Millioneninvest
Seit einigen Jahren hat „Theile“ einen angestellten Geschäftsführer, mit der Commerzbank wurde ein neuer Millionendeal vereinbart, auf dem großen Firmengelände die Holzlager überdacht, Produktionshallen für Fertigbauteile geschaffen, ein neues zusätzliches Geschäftsfeld des Unternehmens.
„Wir waren ja bisher ein reiner Handel. Kaufen und verkaufen. Für uns stellt sich natürlich grundsätzlich auch die Zukunftsfrage. Wo wollen wir in 15 Jahren stehen? In der globalisierten Welt werden die Kleinen ja oft von den Großen aufgekauft. ich aber möchte, solange es irgendwie geht, das Unternehmen auf eigenen Füßen halten. Und deswegen habe ich mich für diese Fünf-Millionen-Investition entschieden. Wir bauen ein Bearbeitungszentrum und eine Werkstatt, wo wir unsere Produkte für Kunden weiter veredeln können. Wir haben damit einen weiteren Wertschöpfungspunkt in unserem Portfolio. Denn wir sind überzeugt, trotz der aktuellen Probleme mit den Waldbränden, der Trockenheit und dem Borkenkäfer wird Holz immer eine Zukunft haben.“
Eine Unternehmens-Perspektive für die Zukunft – auch vielleicht als Familienbetrieb mit einer noch jungen Tradition. Sohn Laurenz hat gerade Abitur gemacht und wird Betriebswirtschaft studieren. Ob er irgendwann miteinsteigt, das Unternehmen „mitträgt“ wie seinerzeit die Mutter, bleibt ihm natürlich selbst überlassen. Aber schön wäre es schon, auch wenn es Anja Kuna-Theile so nicht explizit sagt. Sie selbst will noch 15 Jahre mit anpacken und gestalten. Zeit genug für den Sohnemann über die Zukunft nachzudenken.
Text: Peter Lewandowski
Fotos: Axel Martens