Interview, Eine Macherin mit Mut malt ihre Erfolgsgeschichte
Interview mit Astrid Reintjes, Gründerin und Geschäftsführerin von MissPompadour
Astrid Reintjes ist erfolgreiche dreifache Gründerin. Im Alter von 40 Jahren startet die vierfache Mutter MissPompadour, ein E-Commerce-Unternehmen, das alles rund um Farben anbietet. Mit inzwischen mehr als 120 Mitarbeitern ist es weiter auf Wachstumskurs.
Handel und Gastronomie prägen sie früh
Astrid Reintjes ist eine Macherin. Sie krempelt gerne die Ärmel hoch und packt an. Das bringt sie in ihrem Leben immer wieder sehr weit. Der Handel wird ihr in die Wiege gelegt. Ihre Großeltern betreiben ein kleines Kaufhaus, ihre Eltern ein Geschäft für hochwertige Oberbekleidung. „Als Kind habe ich die Spiel- und Schreibwarenabteilung meiner Großeltern geliebt“, sagt die 47-Jährige. Sie verbringt als Kind viel Zeit in den Geschäften ihrer Familie. Das prägt sie.
Nach dem Abitur in München macht sie eine Ausbildung als Restaurantfachfrau beim renommierten Bayerischen Hof. „Wir haben viel gearbeitet und eine gute Zeit gehabt.“ Statt nach der Lehre angestellt zu bleiben, will sich Astrid Reintjes lieber selbstständig machen. Sie erkennt frühzeitig den Trend und eröffnet 2001 mit ihrer Mutter einen Coffeeshop in ihrer Heimatstadt Regensburg. Mit Garten hat es bis zu 200 Plätze. Passend dazu nennt sie es „Kona Coffee Garden“. Von Anfang an ist die Commerzbank an ihrer Seite.
Der Betrieb wächst, zwei Filialen und mehr als 30 Mitarbeiter führen Tochter und Mutter mittlerweile. Die Gäste sind begeistert, einer macht ihr sogar ein Kaufangebot für die kleine Filialkette. Daran denkt Astrid Reintjes eigentlich nicht, doch die inzwischen verheiratete zweifache Mutter fragt sich: „Will ich immer in der Gastro arbeiten?“ Sie verhandelt und verkauft.
Nach erfolgreichem Verkauf des Coffee-Shops eröffnet sie einen Concept-Store
Nach wenigen Monaten „ist mir langweilig“. Sie hat erneut eine zeitgemäße Geschäftsidee, krempelt die Ärmel hoch und richtet wieder zusammen mit ihrer Mutter 2010 einen Concept-Store in Regensburg ein. Die Commerzbank ist ihr verlässlicher Wegbegleiter bei allen Finanzangelegenheiten.
„Wir wollen einen schönen Ort schaffen. Einrichtung, Gastro, Geschenke und ein bisschen Schnickschnack“, beschreibt Organisationstalent Astrid Reintjes das Angebot. Den Laden nennt sie „Pompadour“, angelehnt an Madame de Pompadour, eine starke Französin aus dem 18. Jahrhundert. „Für Female Empowerment stehen meine Mutter und ich schon immer.“
Sie hat den Einfall, „schöne, aber restaurierungsbedürftige Möbel anzukaufen, um sie im Store selbst aufzubereiten und neu anzumalen“. Der Laden erhält eine Kreativecke mit einem Sortiment an Farben. Wieder eine Entwicklung, die sie frühzeitig aufspürt.
MissPompadour heißt der neue Online-Shop
2016 kommt es zum entscheidenden Moment. Ihr jüngerer Bruder Erik braucht für seine Masterarbeit ein Praxisbeispiel. „Können wir nicht einen Online-Shop für Deinen Store erstellen?“, fragt er seine Schwester. Beide haben keine Ahnung von E-Commerce. „Aber das hält uns nicht auf. Wir machen das jetzt einfach“, sagt Astrid Reintjes. Eriks bester Freund Niklas programmiert den Online-Shop und weil die Domain „Pompadour“ nicht mehr frei ist, heißt er „MissPompadour“.
Nach mehreren Jahren läuft der Mietvertrag für den Concept-Store aus. Die mittlerweile vierfache Mutter möchte nicht verlängern, sondern macht einen erfolgreichen Ausverkauf des Sortiments und geht schuldenfrei aus dem Geschäft. „Die Commerzbank ist seit Beginn unserer Selbstständigkeit immer unser kompetenter Ansprechpartner und stellt uns stets einen Kontokorrentkredit, den wir bislang nicht brauchen“, sagt Astrid Reintjes. Kontinuität, Loyalität und Qualität schätzt sie auch bei ihrer Bank sehr.
„Ich bin jetzt 40 Jahre alt: Was will ich sein, Hausfrau und Mutter oder doch mehr?“, überlegt sie und erinnert sich an den Online-Shop, der mittlerweile offline ist. Sie denkt an ihre Leidenschaft für Farben und Kundinnen, die sie immer noch um Rat dazu bitten.
Die Idee zum Online-Shop wird im zweiten Anlauf der Gamechanger
„Lass uns den Online-Shop auf Farben spezialisieren“, sagt sie mit ihrem Gespür für Zeitgeist zu ihrem Bruder Erik. Dass es keine anderen Online-Farben-Shops gibt, weil Farbtöne auf Bildschirmen unterschiedlich aussehen und Farbeimer schwierig sicher zu verschicken sind, stört sie nicht. „Ich habe das gar nicht gewusst, alles selbst verpackt und mir dafür Zeitungspapier von allen Bekannten besorgt.“
Bei der Vermarktung setzt sie von Anfang an auf Frauen als Zielgruppe und auf Social Media. Wieder ein Trend, den sie erfolgreich aufgreift. Sie eröffnen eine Facebook-Gruppe, die schnell auf mehr als 5.000 Mitglieder wächst. Erik übernimmt das Community-Management und startet noch einen Instagram-Kanal. Für den eigenen Blog schreibt ihre Mutter, die bis heute alle Texte für MissPompadour verfasst.
Sie setzt auf Familie, Freunde und Netzwerke wie den Club der Unternehmerinnen
Trends erkennen, Ideen mutig umsetzen ebenso wie Netzwerken ziehen sich wie ein Roter Faden durch Astrid Reintjes Leben. Familie und Freunde spielen dabei eine entscheidende Rolle. Mit ihrer Familie versteht sie sich bestens, Ähnliches gilt für ihre Geschäftspartner.
Als Netzwerkerin ist sie im Club der Unternehmerinnen der Commerzbank engagiert, hält dort Vorträge, steht für Diskussionsrunden und Gespräche bereit. „Wir Frauen sollten uns viel stärker vernetzen, damit nicht jede alleine kämpfen muss. Ich habe über den Club so viele coole Kontakte über ganz Deutschland geknüpft“, lautet eine ihrer Botschaften, die sie bei den Events weitergibt. „Qualität ist mir sehr wichtig und der Club der Unternehmerinnen, bei dem ich ausgesprochen viel mitnehme, steht für Qualität.“
Der Lockdown verändert alles, online Farben bestellen wird zum Trend
2019 „machen wir ernst“, wie sie es nennt „und gründen eine GmbH für den Online-Shop“, weil die Nachfrage nach den Farbtönen, die sie von mehreren Anbietern vertreiben, wächst. Erik steigt komplett bei MissPompadour ein. Erste Minijobber sind dabei. Und dann kommt Corona. Der Lockdown verändert alles. „Die Leute sind zu Hause, schauen auf ihre weißen Wände, aber alle Baumärkte haben zu. Farben gibt es online nur bei uns“, sagt Astrid Reintjes. Der Online-Shop wird von der Nachfrage überrollt. Ende 2020 hat MissPompadour 20 Mitarbeiter und einen neuen Standort. Sie arbeitet trotz Lieferengpässen mit allen Mitteln dafür, dass ihre Kundinnen mit Farben und Zubehör gut versorgt sind. Ums Homeschooling ihrer vier Kinder und den Haushalt kümmert sich ihr Mann.
Sie holt sich einen Produzenten aus den Niederlanden dazu, der ihre Farben mischt, damit sie sie unter eigenem Label verkaufen können. „2021 hatten wir 93 eigene Farben.“ Sie finanzieren alles aus dem Cashflow. Astrid Reintjes agiert bei den Finanzen risikoarm. „Wir fühlen uns bei der Commerzbank sehr gut aufgehoben und investieren immer so viel Geld, wie wir haben.“
Immer mehr Kunden und auch Investoren werden auf MissPompadour aufmerksam
Sie führen ein Warenwirtschaftssystem ein, setzen den Online-Shop noch klarer auf. Nach Astrid, ihrem Bruder und ihrer Mutter kommt aus der Familie Schwester Inga mit viel Erfahrung im Personalbereich dazu. Eine Investorengruppe steigt mit zehn Prozent ein. „Die haben Bock auf uns und kennen sich im E-Commerce richtig gut aus“, sagt Astrid Reintjes, die viele Geschäftskontakte über das Business-Netzwerk LinkedIn knüpft. Beim Wachstum erkennt sie ihre eigenen Grenzen. „Ich bin zwar seit jeher selbstständig und führe Mitarbeiter, aber ich erkenne, wann ich Know-how von außen brauche und Leute, die Dinge besser können als ich.“ Das frische Geld investieren sie in Personal, „weil wir fast alles inhouse machen“. Spezialisten und Unterstützung für Logistik, Programmierung, Einkauf und Online-Marketing sowie Social Media werden eingestellt.
Heute hat MissPompadour drei Farbarten und rund 150 Farbtöne im Angebot sowie auf Facebook, Instagram, Pinterest und YouTube Hunderttausende Follower. Um das alles kümmern sich 120 Mitarbeiter. Ein zweiter Investor ist mittlerweile ebenfalls mit an Bord, „obwohl wir kein Geld brauchen“.
Statt in Generationen zu denken, geht Astrid Reintjes lieber die nächsten Kapitel der Erfolgsstory an: Die lauten eigene Farbrezepturen auf den Markt bringen und der stationäre Handel. MissPompadour-Farben gibt‘s bald bundesweit in 123 Möbelhäusern zu kaufen.
Autor: Murtaza Akbar
Die Erfolgsfaktoren von MissPompadour Astrid Reintjes
„Einfach machen und Entscheidungen treffen“:
Sich selbst mehr zutrauen, Neues anpacken und klare Entscheidungen treffen, eigene Ideen einfach umzusetzen.
„Eigene Grenzen erkennen und Unterstützung holen“:
Sich nicht aufreiben und erkennen, wann der richtige Zeitpunkt ist, um Unterstützung, Partner und Personal hinzuzunehmen.
„Familie, Vertraute und Netzwerke einbinden“:
Sich mit Vertrauenspersonen umgeben, aus Familie, dem Bekanntenkreis, aus Netzwerken wie dem Club der Unternehmerinnen und kompetente Partner einbeziehen.
Club der Unternehmerinnen
Astrid Reintjes ist eine von mehr als 3.000 Frauen, die bereits Mitglied im Club der Unternehmerinnen sind. Der Club ist ein Community-Netzwerk von Unternehmerinnen in Deutschland und denen, die es werden wollen, unter der Schirmherrschaft von Kirsten Grimm, Abteilungsleiterin bei der Commerzbank.
Die Teilnahme am Club und den Veranstaltungen ist kostenfrei. Es gibt virtuelle Talks, Events und regionale Plattformen zu den Schwerpunktthemen Leadership, Frauen und Finanzen, Zukunftstrends sowie Tipps zur Betriebsführung von Unternehmerinnen für Unternehmerinnen. Die Resonanz ist groß. „Mehr als 200 Frauen sind bei jeder Veranstaltung dabei, es ist sehr inspirierend“, sagt Astrid Reintjes.
Um Mitglied zu werden, reicht es, den Newsletter „Club der Unternehmerinnen“ zu abonnieren. Näheres dazu gibt’s hier: