Interview
, Bestattungs­mei­ste­rin aus Leiden­schaft, weil Trauern gezeigte Liebe ist

Interview mit Jessica Beitzel Inhaberin Bestattungen-Hüsgen

Wenn Jessica Beitzel etwas macht, dann konsequent. Das war schon immer so. „Ich will eine Ausbildung zur Bestattungsfachkraft machen.“ Da war sie 16 Jahre alt. Mittlerweile hat die 36-jährige nicht selten unterschätzte, erfolgreiche Unternehmerin ein Bestattungsinstitut gekauft. Der Weg, es zu finanzieren, ist aber alles andere als leicht.

Würdevolle Bestattungen berühren sie von Anfang an

Jessica Beitzel mag es bunt. Auch und gerade bei Beerdigungen. „Es geht aber nicht darum, was mir gefällt, sondern es sollte zur Bestattung und den Wünschen der Familien und Verstorbenen passen.“ Empathie und hohe Expertise sind wichtige Eigenschaften auf ihrem Weg zur Chefin des Bestattungsinstituts Hüsgen in Dormagen, das sie gekauft hat. Dabei wurde sie nicht selten unterschätzt. Trotzdem führt sie ihre Entscheidungen – einmal getroffen – konsequent durch und bleibt sich treu.

Das war schon im Alter von 16 Jahren so. Denn als ihre Eltern ihr scherzhaft am Küchentisch ein zweiwöchiges Praktikum beim benachbarten Bestattungsinstitut Odenthal empfehlen, rechnen sie nicht damit, dass ihre Tochter das durchzieht. „Als ich das Praktikum in den Schulferien gemacht habe, war ich vom ersten Tag an begeistert.“ Die würdevollen Beerdigungen berühren sie. Sie sieht welches Potential in diesem Beruf steckt.

Die Erfahrungen im Praktikum prägen sie so sehr, dass die Teenagerin eine klare Entscheidung trifft. Sie will eine Ausbildung als Bestattungsfachkraft machen, einem damals noch männerdominierenden Handwerksberuf.

Ihre Eltern sind weniger begeistert. Eine Lehre und als sehr gute Schülerin vom Gymnasium abgehen? Mit einer Pro-und-Contra Liste überzeugt sie schließlich die Familie, die sie stets unterstützt und sehr stolz auf sie ist. Ihre Freundinnen sind weniger verständnisvoll, und wenden sich teils von ihr ab. Schon hier beweist sie Konsequenz und bleibt sich treu.

Ich habe mich trotzdem gegen das Abitur und für die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft entschieden.

Sie wird aufgrund ihres Alters unterschätzt, überzeugt aber mit Fachkenntnis und Empathie

Ihr Ausbilder Wilfried Odenthal vertraut ihr und fördert sie. Schon mit 17 Jahren darf sie Beerdigungen mitplanen und umsetzen. Bei einer Trauerfeier für einen 13-jährigen Jungen dürfen alle den weißen Sarg bemalen. Die Idee für die berührende Veranstaltung kommt von ihr. „Ich wurde als Jugendliche oft nicht ernst genommen, wenn ich zu einer Familie zur Besprechung der Trauerangelegenheiten kam.“ Doch sie überzeugt jedes Mal. Mit ihrer Fachkenntnis und ihrem Einfühlungsvermögen. „Trauer ist gezeigte Liebe.“

Ihre Lehre absolviert sie mit Bravour. Auszeichnungen folgen bis zum Sieg beim Bundesleistungswettbewerb im Alter von 19 Jahren. Sie erhält Stipendien und Förderungen, arbeitet und bildet sich weiter, wechselt zu einem Institut nach Pulheim, wird Bestattungsmeisterin, und zwar als Jahresbeste. Mittlerweile ist sie selbst Ausbilderin, Dozentin und im Prüfungsausschuss der Handwerkskammer. Viel mehr geht nicht, würden jetzt viele denken. „Doch“, sagt sich Jessica Beitzel. Inzwischen hat sie geheiratet. Ihren Mann Dennis lernte sie, wie kann es anders sein, bei einer Weiterbildung kennen. Er ist auch Bestatter.

Jessica Beitzel ist die ideale Nachfolgerin für die Übernahme des Bestattungsinstituts

Nach der Geburt ihrer Tochter Malia wechselt sie als junge Mutter zum Bestattungsinstitut Hüsgen. „Das erfüllte an sich nicht meine Anforderungen an ein Institut.“ Aber mit der Inhaberin Barbara Hüsgen ist sie auf einer Wellenlänge. Überhaupt ist die Beziehung zum Ehepaar Barbara und Rolf Hüsgen eine sehr gute Basis. Jessica Beitzel wird geschätzt, hat viele Freiheiten und kann ihre Kreativität ausleben. Nach und nach erhöht sie die Stunden und setzt zusammen mit den Hüsgens viele Neuerungen um. Gleichzeitig macht sie sich Sorgen, ob sie das alles schafft mit Familie, Mitarbeitern und der Verantwortung. Ihre Bedenken lösen sich schnell auf. Denn ihre Arbeit kommt an. Der Ruf ist exzellent, die Zahl der Bestattungen wächst und wächst. Ihr Ehemann Dennis kommt als Angestellter hinzu. „Wir sind sehr verschieden. Er kann das klassische Spektrum, ich vor allem das kreative.“ Zusammen zu arbeiten und zu leben, sie bekommen noch eine zweite Tochter, Elina, ist eine Belastungsprobe, die sie meistern.

Als ich das Angebot bekam, das Beerdigungsinstitut zu übernehmen, habe ich keine Sekunde gezögert.

Zwei Jahre nach ihrem Einstieg eröffnet ihr das Paar Hüsgen, dass sie das Beerdigungsinstitut altersbedingt aufgeben wollen. Jessica Beitzels Entscheidung ist klar, wie schon damals als 16-Jährige. „Als ich das Angebot bekam, das Beerdigungsinstitut zu übernehmen, habe ich keine Sekunde gezögert.“ Für die Hüsgens kommt nur sie als Nachfolgerin in Frage. Ein sanfter Übergang ist geplant. Doch dann entscheidet sich das Paar, das Institut schneller abzugeben, am besten zu verkaufen.

Gemeinsam suchen sie nach einem Gutachter. Gar nicht so einfach. Bestattungsunternehmen werden nicht besonders häufig bewertet. Die Handwerkskammer hat darin noch keine Erfahrung. Dank Empfehlung wird ein Gutachter aus der Branche gefunden. Das Ergebnis der Bewertung ist eine höhere sechsstellige Summe. Das passt für beide Seiten.

Die falsche Beratung beim Hauskauf wird zur Herkulesaufgabe

Jetzt geht’s um die Finanzierung des Kaufs. Der Finanzberater, über den die Familie Beitzel ihr Haus finanziert hat, empfiehlt eine Bank. Den Businessplan erstellt die Bestattungsmeisterin selbst. Darauf ist sie stolz. Genügend Erfahrung und Expertise hat sie dafür. Sie muss das Haus als Wert einbringen, doch das Konstrukt, das der Finanzberater für die Hausfinanzierung erstellt hatte, ist vertrackt. Denn auch ihre Großeltern und Eltern sind beim Besitz von Grundstück und Haus umfassend involviert. Die angefragten Banken loben den Businessplan, winken dennoch ab. Sie brauchen von ihr einen Gegenwert für den Kredit.

Die Commerzbank hat als einzige Ideen für eine Lösung entwickelt.

Doch Aufgeben gibt es bei ihr trotz Kreditablehnungen nicht. Sie wendet sich auf Rat des Finanzberaters an die Commerzbank. „Die haben sich das Ganze erstmal in Ruhe angesehen und als einzige Bank Ideen für eine Lösung entwickelt.“ Sie führt ein Gespräch zunächst mit Frank Zipper, dann mit Petra Henk, beide aus der Unternehmenskundenberatung der Commerzbank in Düsseldorf. Ihr Steuerberater kommt dazu. Von Anfang an suchen alle Parteien gemeinsam nach Möglichkeiten. „Ich finde es so positiv, wie konstruktiv die Commerzbank das angegangen ist. Dafür bin ich wirklich dankbar.“

Die Lösung ist, einen Teil des Grundstücks, unterhalb des Freibetrags, auf sie zu überschreiben. Für alle Themen rund um die Finanzierung sind Jessica Beitzel und Petra Henk kontinuierlich in Kontakt, tauschen sich aus. Vertrauen und Kompetenz, auf das sie auch in Zukunft bauen wird.

Sensibles Nachverhandeln führt zum erfolgreichen Unternehmenskauf

Die Bürgschaftsbank wird nun dazu geholt, hält den vereinbarten Kaufpreis allerdings für zu hoch. Familie Hüsgen und Jessica Beitzel verhandeln erneut. Eine sensible Angelegenheit, aber beide Seiten kennen und schätzen sich. Sie reduzieren den Preis einvernehmlich. Jessica Beitzel und Petra Henk freuen sich, wobei die Commerzbank auch den ersten Kaufpreis finanziert hätte, das Bestattungsinstitut ist ja wirtschaftlich kerngesund.

Ich gebe nicht auf, wenn mir jemand Steine in den Weg legt. Wenn man es Dir nicht zutraut, mach es trotzdem und ein Foto davon.

Eine Hürde gibt es noch zu überspringen: die Risikolebensversicherung. Die Commerzbank springt wieder ein.

Der Kauf geht über die Bühne. Beide Seiten sind zufrieden und glücklich. „Ich gebe nicht auf, wenn mir jemand Steine in den Weg legt. Wenn man es Dir nicht zutraut, mach es trotzdem und ein Foto davon“, sagt sie mit einem Schmunzeln.

Unternehmerin mit Ambition und Netzwerk

Klare Entscheidungen, der Rückhalt der Familie, fundierte Ausbildung und Konsequenz sind nur einige der Erfolgsfaktoren der Unternehmerin. „Das Wichtigste ist, dass Du Dir treu bleibst und nicht gegen die eigene Überzeugung handelst. Aber als Frau und Geschäftsführerin habe ich das Gefühl, mit mehr Dingen jonglieren zu müssen.“ Gut, dass sie im Club der Unternehmerinnen der Commerzbank auf ein Netzwerk von Gleichgesinnten trifft. „Da erhalte ich so viel an Impulsen und Inspirationen. Ich versuche, bei jeder Veranstaltung dabei zu sein.“ Sie hat noch viel vor, zum Beispiel ein weiteres Bestattungsinstitut zu übernehmen. „Dabei höre ich auf mein Bauchgefühl, ob es auch zu uns und zu mir passt.“

Im Club der Unternehmerinnen erhalte ich so viel Impulse und Inspiration. Ich versuche, bei jeder Veranstaltung dabei zu sein.

Mit dem Beerdigungsinstitut Hüsgen will sie wachsen. Sie möchte mehr aus einer Hand anbieten, sich in der Trauerbegleitung engagieren. Für Kinder hat sie ein Bilderbuch geschrieben mit dem Titel „Hope und die Welt der Farben“. Darin trauert Schildkröte Hope um ihren Bruder Nalan. Hope gibt es bald als Kuscheltier. Inzwischen ist Jessica Beitzel zertifizierte Familientrauerbegleiterin und eröffnet in Kürze ein Haus für Trauerbegleitung. Wie es eingerichtet wird? „Je bunter, desto besser.“

Club der Unternehmerinnen der Commerzbank

Community Netzwerk von Unternehmerinnen in Deutschland und denen, die es werden wollen. „Ich bin ein Riesenfan des Clubs“, sagt die 36-jährige Unternehmerin aus Dormagen.

Die Teilnahme am Club und den Veranstaltungen ist kostenfrei. Dafür gibt es virtuelle Talks, Veranstaltungen, regionale Plattformen zu den Schwerpunktthemen Leadership, Frauen und Finanzen, Zukunftstrends sowie Tipps zur Betriebsführung von Unternehmerinnen für Unternehmerinnen. Die Resonanz ist groß. „Bei jeder Veranstaltung, bei der ich online oder in Präsenz dabei war, bin ich beflügelt rausgegangen“, betont Jessica Beitzel, „es sind so viele tolle, beeindruckende Frauen. Ich nehme da jedes Mal viel Energie mit.“

Um Mitglied zu werden, reicht es, den Newsletter „Club der Unternehmerinnen“ zu abonnieren. Näheres dazu gibt’s hier:

Autor: Murtaza Akbar

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