Das Geschäft mit der Sonne

01.06.2023 – Kay Theuer, Geschäftsführer Priwatt GmbH

Innerhalb von nur zwei Jahren ist aus einem Start-up ein wichtiger Player der „neuen“, nachhaltigen Energiewirtschaft geworden. Einer der zwei Geschäftsführer der Leipziger "Priwatt" heißt Kay Theuer. Ein Mann mit klaren Visionen.

Die Geschäftsidee

Mit seinen 44 Jahren hat Kay Theurer beruflich schon einiges hinter sich, was entweder nach amerikanischer Karriere klingt oder für mehrere Leben in Deutschland reichen könnte. Der Vater von zwei kleinen Kindern hat Umwelt- und Verfahrenstechnik studiert, nach einer Ausbildung als Banker gearbeitet und im Vertrieb des väterlichen Betriebes ausgeholfen. Weil ihn als Kind schon immer Kinowerbung fasziniert hat, gründete er vor sieben Jahren die Online-Marketingagentur TWNTY Digital, arbeitete unter anderem für einen großen Automobilhersteller in Bayern und landete vor knapp drei Jahren seinen wohl größten Coup – für ihn und seine beiden Partner Lukas und Niklas Hoffmann eine Lebensaufgabe: die Priwatt GmbH. Ein Unternehmen, das für Zukunft und Innovation steht und das die von Olaf Scholz propagierte Zeitenwende schnell und unkompliziert praktiziert. Das Geschäft der drei Partner: Sie vertreiben steckerfähige Photovoltaikanlagen sogenannte Balkonkraftwerke, die für Balkon, Garten und Garagendach flexibel eingesetzt werden können.

Kay Theuer erzählt im Interview über die Gründung der Firma, ihren unglaublichen Erfolg – und warum dieser ohne die Zusammenarbeit und Unterstützung der Commerzbank nicht möglich gewesen wäre.

Wie würden Sie einem Außerirdischen die Sonne und ihren Nutzen erklären?

Kay Theuer: Ich würde ihn fragen, ob er die Wärme gespürt hat, die von dieser Sonne kommt. Und ihm erklären, dass sie die Quelle unseres Lebens ist. Ohne sie funktioniert hier nichts auf dieser Erde. Und dass es unwahrscheinlich essenziell ist, dass es den Menschen Wärme gibt und hoffentlich in Zukunft ganz, ganz, viel Energie.

Mit der Gründung der Firma Priwatt im Jahr 2020 propagieren Sie die private Energiewende. Warum ist das so wichtig? Glauben Sie nicht, dass Sie die Menschen damit überfordern?

Kay Theuer: Photovoltaik, insbesondere im privaten Bereich, war ja nur gewissen Gesellschaftsschichten vorbehalten. Man brauchte ein Haus, mindestens ein mittleres Einkommen, um sich eine große PV-Anlage zu leisten. Und das schließt eben viele aus. Und das wollten wir halt anders machen. Für jeden gibt es doch die Möglichkeit, einen kleinen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Egal ob es um ein Eigenheim oder eine Mietwohnung geht. Diesen Markt wollten wir öffnen.

Können Sie Ihr Unternehmen in ein paar Sätzen erklären?

Kay Theuer: Bestimmt. Wir haben mit der Priwatt die Vision, die Energiewende für alle zu ermöglichen, Punkt. Wir verkaufen dafür steckerfähige Solaranlagen, die von der Kundschaft ohne große Probleme selbst installiert und in Betrieb genommen werden können. Der so erzeugte Strom wird sofort im eigenen Netzwerk zu Hause verbraucht. So können 10 bis 15 Prozent an Energie eingespart werden. Für die meist verkauften DUO Anlagen waren das vor der Krise 130 bis 160 Euro an Einsparungen pro Jahr.

Wir haben mit der Priwatt die Vision, die Energiewende für alle zu ermöglichen, Punkt.

Sie sind gelernter Bankkaufmann, aber seit 2015 Werbefachmann mit eigener Online-Agentur. Wie entstand die Idee der steckerfähigen Balkonkraftwerke?

Kay Theuer: Der Bruder von Niklas Hoffmann, der mit mir in der Agentur zusammen arbeitete, kam mit der Idee. Lukas ist Ingenieur. Solarkraftwerke gab es natürlich schon. Er wollte aber ein Model, das so einfach wir nur möglich in der Installation ist, in der Zusammenarbeit mit den Energieversorgern, in der Abrechnung usw.

Klingt ein bisschen nach Ikea…

Der Do-it-yourself-Ansatz ist unser USP

Kay Theuer: Schaut man sich die Energieausbauziele der Bundesregierung an bis 2030, dann ist es völlig klar, dass wir noch so viele Module, Solarmodule, noch so viele Wechselrichter nach Deutschland schicken können, es wird immer am Installationspersonal scheitern. Und wenn wir es ermöglichen, dass jeder selbstständig seine steckerfähige Solaranlage aufbauen kann und betreiben kann, schaffen wir da, dieses Klimaziel oder dieses Solarausbauziel einfacher zu erreichen. Und es muss diesen Ansatz geben des Do-it-yourself.

Die Anlage von 1,75 Meter auf 1,05 Zentimeter ist einfacher am Balkon, auf dem Carport oder sonst wo zu installieren als ein Blumenkasten. Über einen WLAN-Stecker oder eine Steckdose kann sie direkt mit dem häuslichen Stromnetz verbunden werden. Strom, der nicht verbraucht wird, fließt ins allgemeine Stromnetz zurück. Wir kümmern uns um die reibungslose Anmeldung bei den Versorgern, über unsere APP können Sie sehen, wie viel Strom eingespeist wurde und wie viel verbraucht wird. Gerade Männer finden das cool. Wir haben eine stark technisch versierte Kundschaft. Energieeinsparungen sind das neue Thema auf der Grillparty und verdrängen so langsam den Weber Grill.

Klingt erst mal einfach.....

Kay Theuer: Als Lukas 2020 mit der Idee kam, war uns nicht nur klar, dass wir das machen müssen, sondern dass es auch eine Herausforderung war, den Menschen die Angst oder Bedenken vor Strom zu nehmen. Die Priwatt ist ein E-Commerce Unternehmen und sehen uns in gewisser Weise als Energieversorger. Wir kaufen unsere Komponenten ein, packen die Produkte, schicken sie raus. Wir haben eine starke Warenbewegung. Aber wir arbeiten natürlich auch mit den Fähigkeiten der Online-Marketingagentur: Wir sind total präsent in der Kommunikation, einfach in der Sprache sein, einfach in der Erklärung sein. Auf unserer Website versuchen wir, eine ganz klare Orientierung zu bieten. Das Produkt muss einfach in zwei, drei Sätzen erklärt werden können und muss alle Bedenken nehmen.

Was unterscheidet Sie von anderen Anbietern? Kleine Solaranlagen sind ja jetzt nichts Neues?

Kay Theuer: Wir verkaufen eben wie gesagt nicht nur das Produkt, wir leisten Unterstützung von der Beratung bis zur Installation: Anmeldung beim Netzbetreiber, Beantwortung technischer, rechtlicher Fragen, wir wollen keine Unsicherheiten aufkommen lassen. Wir leisten uns einen ganz, ganz großen Kundensupport mit vielen Mitarbeitenden. Dadurch unterscheiden wir uns von den Online-Händlern oder Supermärkten, die nur das Produkt verkaufen möchten. Das ist nicht unsere Mission. Wir wollen, dass jeder die Möglichkeit hat, sein eigenes Solarkraftwerk zu betreiben

Wir wollen, dass jeder die Möglichkeit hat, sein eigenes Solarkraftwerk zu betreiben.

Die Idee ist das eine. Wie schwer waren die Anfänge? Die Finanzierung zum Beispiel?

Kay Theuer: Ich bin bei der comdirect Kunde der ersten Stunde gewesen. Die Commerzbank ist auch die Hausbank meiner Online-Agentur. Ich habe meine Ansprechpartnerin in Leipzig angerufen und gesagt: Ich habe hier ein Thema, für das ich Lösungen brauche. Das war im Zuge unserer Priwatt-Gründung. Die Commerzbank hat uns von Anfang an geholfen. Über meine Agentur haben wir dann eine Wachstumsfinanzierung in Form eines KfW Kredits in Höhe von 250.000 Euro bekommen. Aber so richtig akut wurde es erst 2022. Durch den Ukrainekrieg und die Energieknappheit wurde die Nachfrage so groß, dass wir kaum noch hinterherkamen. Das begann schon im März, einen Monat nach dem Kriegsausbruch, den wir voller Bangen verfolgt haben, weil wir auch 45 IT-Spezialisten für die Agentur in der Ukraine haben. Die versuchen wir so gut, wie es geht, zu versorgen. Gleichzeitig mussten wir Warenmenge ordern, den Shop ausbauen, Personal aufbauen. Das Wachstum hat uns vor große Herausforderungen gestellt.

Ich habe hier ein Thema, für das ich Lösungen brauche. Das war im Zuge unserer Priwatt-Gründung. Die Commerzbank hat uns von Anfang an geholfen.

Das klingt wie ein Märchen, ein Start-up, dass knapp zwei Jahre nach seiner Gründung durch die Decke geht.

Kay Theuer: Wir sind stark ins persönliche Risiko gegangen, weil wir gemerkt haben, das ist jetzt unsere Zeit und wir müssen diesen Markt bedienen - und wir müssen das Unternehmen aufbauen. Das war Ende gut, alles gut. Aber das war auch schon so manche schlaflose Nacht. Was passiert, wenn es nicht so läuft? Wie gesagt, die Chance, dass man sich da verhebt in diesem Prozess, dass man Ware falsch bestellt oder Ware zu spät kommt und man aber schon mit Forderungen draußen ist, die war halt immer da.

Wie verführerisch waren die plötzlichen Angebote von Venture Capital?

Kay Theuer: Und da sind wir unserer Maxime sehr, sehr treu geblieben und haben gesagt: Wir überlassen nichts dem Zufall und wir steuern den Prozess. Und wir sehen die Priwatt ganz stark in den Bankenfinanzierungen. Anderen Start-ups kann ich nur die Empfehlung geben, immer mit der Bank zu reden. Auch wirtschaftlich gesprochen gibt es, glaube ich, keinen günstigeren Weg, an Finanzierungskapital ranzukommen. Wir wollten außerdem keine Kontrolle abgeben und haben uns auch personell etwas anders, erweitert aufgestellt.

Wie wichtig ist der Kontakt zur Commerzbank?

Kay Theuer: Die Commerzbank hat uns in der Wachstumsphase sehr geholfen. Nicht nur die Nachfrage stieg rasant. In diesen Zeiten verteuerten sich auch die Beschaffungskosten. Zwei Container kosteten 150.000 Euro, da brauchten wir jemanden, der Ware vorfinanziert. Aber wir haben tatsächlich eine besondere Beziehung, denn seit April diesen Jahres haben wir einen CFO, der von der Commerzbank kommt. Unsere Wege haben sich ein paar Mal überschnitten. Wir sind noch keine drei Jahre alt, aber doch schon lange kein Start-up mehr, weil wir so wachsen.

Wir sind noch keine drei Jahre alt, aber doch schon lange kein Start-up, weil wir so wachsen.

Und es gibt noch viele Pläne. Neulich kam ein großer Gartenhaushersteller, der sich vorstellen kann, sein Produkt und unseres im Bundle anzubieten. Genau solche Kooperationen mit Mehrwert suchen wir.

Profitieren Sie derzeit von dem Moment oder erleben wir schon die vielbeschworene Zeitenwende?

Kay Theuer: Ich glaube, es wird nie wieder zum russischen Öl und Gas zurückgehen. Also diese Zeit halte ich wirklich für abgeschlossen. Es ist auch wichtig und richtig, dass wir hier autark werden. Wir müssen weg von den fossilen Energiestoffen, das ist die Verantwortung für die Zukunft, die ich auch für meine beiden Kinder spüre. Das ist kein einfacher Prozess, der uns noch die nächsten 25 Jahre begleiten wird. Aber ich halte ihn für wichtig und für richtig.

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