Mut bedeutet, morgen alles verlieren zu können

27.04.2022 – Lars Obendorfer, Inhaber von Best Worscht in Town

Innerhalb weniger Jahre hat Lars Obendorfer aus der Imbissstube seiner Oma ein Currywurst-Imperium mit 28 Filialen, eigener Werbeagentur und Cateringunternehmen gemacht. Dabei haben ihn Krisen stets gestärkt. Jetzt will er mit Best Worscht in Town Amerika erobern – nach Dubai und Saudi-Arabien.

Der große Blonde mit der weißen Brille

„Lebe deinen Traum.“ „Träume nicht dein Leben.“ Zwei Sätze, die sich bei Lars Obendorfer tief eingegraben haben. Als Tattoos zieren sie links und rechts die muskulösen Oberarme eines durchtrainierten, zirka 1,96 Meter großen Körpers. Das auffälligste äußere Merkmal dieses Hünen mit den kurzen blonden Haaren ist allerdings ein modisches Accessoire:

Die weiße Hornbrille ist längst zu einem Markenzeichen geworden für einen auf den ersten Blick schrägen, fröhlichen Typ, der in Frankfurt bekannt ist wie ein bunter Hund und sich gerne als „Godfather of Worscht“ feiern lässt. Yeah! Ein Tausendsassa, der aus der Imbissbude seiner Oma im Frankfurter Westend innerhalb von 18 Jahren eine Kette von 28 Filialen mit Ablegern in Dubai, Saudi-Arabien und bald in den USA geschaffen hat. Mit 100 Mitarbeitern und fast 15 Millionen Jahresumsatz. Wow!

Ein Unternehmer, der einen Mann bewundert, der es zu weltweitem Ruhm gebracht hat und den er unbedingt noch kennenlernen muss: Arnold Schwarzenegger. Ein Vorbild für gute und vor allem schlechte Zeiten, von denen der Frankfurter Heroe einige durchstehen musste. Krisen, über die er eigentlich auch lieber spricht als über seine Erfolgsstrategien. Denn aus jedem Tal ist er wohl auch ein Stück größer rausgekommen.

„Unternehmer müssen den Mut zu haben, sich einzugestehen, dass man morgen alles wieder verlieren kann“, sagt Lars Obendorfer gleich zu Beginn unseres Treffens in einer der Best-Worscht-Filialen in der Innenstadt. Er erzählt schnell und in breitem, sympathischem Frankfurterisch über die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre, die sich tief in seine Seele eingebrannt zu haben scheinen, so wie die Tattoos auf seinen Armen.

Als er mit 23 Jahren wegen seines herzkranken Vaters die elterliche Imbissbude übernehmen muss, ist die Herausforderung natürlich für den jungen Chemielaboranten groß.

Ich war aber schon damals positiv bekloppt, hatte immer gute Laune. Das hat die Leute an meiner damaligen Arbeitsstelle immer montags irritiert. Ich habe mir aber gedacht: Arbeiten muss ich ja, dann kann ich ja auch fröhlich sein.

Nebenbei ging er sieben Tage die Woche ins Fitnessstudio und hat gepumpt, immer den Arnold Schwarzenegger vor Augen:

„Ein Macher, den alle immer ausgelacht haben. Und letztendlich ist er dann sogar Gouverneur geworden. Und das ist auch so mein Ding. Ich gehe auf die Menschen zu und will machen. Ich war schon immer sehr hibbelig und bin es bis heute.“

Der junge Kerl mit der großen Klappe und der lustigen, freundlichen Art wird schnell selbst zum Anziehungspunkt des Imbissstandes im Frankfurter Westend, wo auch Größen wie Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit und andere aus der Szene verkehren.

Schmeckt nicht gibt’s nicht

Lars Obendorfer weiß aber auch, dass nett sein und „Schätzchen, wie geht’s uns heute“-Sprüche allein nicht genügen. Er beginnt zu tüfteln und baut langsam mit eigener Werbeagentur eine Markenwelt um Currywürste auf. Schrilles Corporate Design in Rot und Schwarz, Zeichnungen zwischen Comic und Graffiti, lockere Sprüche, Rinds- und Bratwürste bester Qualität führen zu den ersten Erfolgen.

Den Durchbruch verdankt Best Worscht allerdings den Saucen in verschiedenen Schärfegraden, die Lars Obendorfer mit einem stadtbekannten Koch entwickelt hat und an die sich seine Kund:innen mit Mut ausprobieren können.

„Wir haben auch schon erlebt, dass Gäste ohnmächtig wurden, weil sie die Schärfe nicht vertragen haben.“ Schmeckt nicht gibt’s nicht. Wer’s nicht mag, bekommt sein Geld zurück oder darf etwas Neues kosten.

Das scharfe Angebot spricht sich herum, Obendorfer beauftragt einen Gewürzhersteller mit der Produktion seiner Mischungen, neue Filialen kommen hinzu, werden im Franchise-System für 30.000 Euro zum Einstand und fünf Prozent Umsatzbeteiligung vergeben.

Der Erfolg nimmt zu, plötzlich werden TV-Privatsender auf ihn aufmerksam und die Presse berichtet über ihn. Lars Obendorfer arbeitet weiter an sich als Marke, der Typ mit der weißen Brille wird plötzlich auf der Straße erkannt, er erlebt aber auch seine ersten Niederlagen und schweren Zeiten.

Mir brachen von heute auf morgen alle Einnahmen weg

Hochs und Tiefs sind für Unternehmen nichts Ungewöhnliches. So musste auch Lars Obendorfer schon einiges meistern. In der ersten Krise musste er erfahren, dass ein Handschlag unter Freunden nichts wert ist und er um seine eigenen Markenrechte und einen hohen sechsstelligen Betrag kämpfen muss. Jahre hat er Steuerschulden, wird auf offener Straße überfallen, bekommt vor lauter Stress eine Gesichtslähmung, die Gott sei Dank ohne Folgeschäden wieder geheilt ist und ihn, zu der Erkenntnis brachte, anders zu arbeiten und vor allem auch zu delegieren: Steuern, Finanzen, Marketing, Einkauf – er muss heute nicht mehr alles selbst machen.

Dank seines grenzenlosen Optimismus, seiner zupackenden Machermentalität und der Unterstützung seiner Familie geht er immer wieder gestärkt aus Krisen hervor und macht weiter. So folgte 2018 die Internationalisierung der Marke mit dem Ausbau des Franchise-Geschäfts im arabischen Raum – ein Höhepunkt seiner Unternehmerkarriere. Eine weltberühmte Rockband, deren Name noch nicht genannt werden kann, will sogar in L.A. als Franchise-Nehmer die „Best Worscht“ vertreiben. Doch dazu sollte es noch nicht kommen.

Ausgerechnet im 50. Jubiläumsjahr erlebte das Unternehmen mit der Pandemie die bislang schwerste Krise.

„Wir mussten alle Läden schließen und mir sind von heute auf morgen sämtliche Einnahmen weggebrochen, hatte aber noch alle Kosten auf der Uhr. Ich wollte niemanden entlassen oder in die Kurzarbeit schicken. Und wollte auch keine Gebühren von meinen Franchise-Nehmern. Schließlich sind wir ja alle eine große Familie.“

Das Schlimmste für einen Macher, einen Vollblutunternehmer war eingetreten. Nicht nur, dass der Umsatz eingebrochen war: Er konnte nichts machen. Der ganze Elan, die Zuversicht, der Lebensoptimismus weg, das Aufstehen fiel schwer oder fand gar nicht statt, „weil ich einfach im Bett geblieben bin und mich vergraben wollte. Ich konnte nichts machen und das war schlimm.“

Dass die Wiederauferstehung des Godfather of Worscht doch stattgefunden hat, ist seiner Frau zu verdanken. Das Paar hat drei Kinder im Alter von 16, 14 und acht. Die Familie ist für ihn ein großer Rückhalt.

„Sie hat mich damals aus dem Bett geschmissen und so aus dem Tief geholt.“

Die Commerzbank rief an und fragte, ob ich Hilfe brauche

Und dann kam Hilfe von einer völlig unerwarteten Seite. Seit der unkomplizierten Finanzierung seines Familienhauses vor 13 Jahren durch die Commerzbank ist er mit dem Unternehmen in enger Verbindung. Von dieser Seite kam proaktive Unterstützung.

Als ich dachte, ich müsste mein Haus verkaufen, rief mich mein Commerzbank Berater an und fragte, ob ich einen Kredit brauche. Sie haben mich mit der KfW-Corona-Hilfe unterstützt, wohlgemerkt von sich aus. Ich wäre gar nicht auf die Bank zugegangen. Aber wenn es dir schlecht geht und dann jemand kommt und dir hilft, dann ist das ein gutes Gefühl. Und natürlich muss ich den Kredit zurückzahlen, aber das geht ja jetzt auch wieder.

Eine emotionale Bindung ist dem Macher auch zu seinen Geschäftspartnern wichtig. Die Verbindung zu seinem Commerzbank Berater ist seither deutlich weniger förmlich und er schätzt seine Ehrlichkeit.

„Wenn er etwas nicht machen kann, dann sagt er das direkt und hält mich nicht hin.“

Ein Treffen mit Arnold Schwarzenegger scheint wieder möglich

Jetzt geht es langsam wieder bergauf. Das alte Niveau von 250.000 Würsten pro Monat ist noch nicht wieder erreicht, dazu fehlen vor allem in den Großstädten noch die Mengen an Pendlern. Aber es wird wieder an Rezepten getüftelt, die dann zunächst den Family-and-Friends-Test überstehen müssen. Der Macher Lars Obendorfer grillt wieder auf Eventwochen in bekannten Ferienclubs in Fuerteventura und an der Costa del Sol und denkt auch wieder an seine Wachstumspläne.

In ein paar Jahren soll Best Worscht in Town eine Currywurst-Kette in ganz Deutschland sein, 200 Filialen bundesweit mit jeweils mindestens einer in jeder Großstadt. Die erste hat bereits in München eröffnet.

Auch die Eröffnung in L.A., Kalifornien, ist nur noch eine Frage der Zeit. Für Lars Obendorfer aus Hessen wäre es dann mit Sicherheit die Krönung, dort einen gewissen Arnold Schwarzenegger aus der Steiermark begrüßen zu dürfen. Das wünschen wir ihm von Herzen.

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