Baku sendet uneinheitliches Bild

Bettina Storck, Bereichsleiterin Group Sustainability Management bei der Commerzbank, äußert sich zur diesjährigen Weltklimakonferenz in Aserbaidschan.

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Beate Schlosser

Commerzbank

25.11.2024

Display eines Mobiltelefons mit dem  Logo der 29. Weltklimakonferenz in Baku
Die diesjährige Weltklimakonferenz oder COP, wie die englische Abkürzung heißt, fand vom 11. bis zum 24. November in der aserbaidschanischen Hauptstad Baku statt. © Adobe Stock, Timon
Baku, die Hauptstadt Aserbaidschans, war Gastgeberin der 29. Weltklimakonferenz. Ihre englische Abkürzung COP steht für „Conference of Parties“. Inwieweit sich das Geschehen dort auf die Klimapolitik der EU und die Nachhaltigkeitsstrategie der Bank auswirkt, erläutert Bettina Storck im Interview.

Wie bewertest du den Ausgang der COP?
Bettina Storck: Schon im Vorfeld wurde die Weltklimakonferenz in Baku als Klimafinanzierungs-COP bezeichnet. Gleich mehrere Vereinbarungen mussten erneuert beziehungsweise operativ umgesetzt werden.

Ganz oben auf der Agenda standen ein neues Klimafinanzierungsziel. Die bisherige Vereinbarung, nach der den besonders vom Klimawandel betroffenen Ländern jährlich 100 Milliarden Dollar zugestanden wurden, läuft nämlich aus. Außerdem musste über die finanzielle Ausstattung des bei der letzten COP vereinbarten Fonds zur „Bewältigung von Verlust und Schäden“ beschlossen werden. Und – als Dauerbrenner auf der Tagesordnung – ging es auch in diesem Jahr wieder um die Etablierung von Marktmechanismen für die weltweiten Kohlenstoffmärkte.

Die Interessen könnten unterschiedlicher nicht sein. Das hat Baku noch einmal deutlich gezeigt: Die Forderungen der vom Klimawandel besonders betroffenen Entwicklungsländer nach mehr finanzieller Unterstützung auf der einen Seite und das Bestreben der Industrienationen nach sicheren Rahmenbedingungen für nachhaltige Investitionen auf der anderen Seite waren prägend für die diesjährige COP. Die Bedeutung von China, als einem der größten CO2-Emittenten, nimmt dabei kontinuierlich zu. Kompromisse haben zumindest eine Abschlussvereinbarung ermöglicht: Die Industrienationen wollen ihre Zahlungen bis 2035 auf jährlich 300 Milliarden Dollar verdreifachen – Beiträge von Entwicklungsbanken eingerechnet. Konkrete Beschlüsse zur CO2-Minderung oder zum Klimaschutz hingegen wurden nicht gefasst. Der Schutz der Artenvielfalt wird in der Abschlussvereinbarung nicht erwähnt.

Wie genau das „Wegbewegen von fossilen Brennstoffen“ gestaltet werden soll, bleibt damit unklar. Hier soll die Weltklimakonferenz in Brasilien im nächsten Jahr Fortschritte bringen. Kurz gesagt – Baku sendet ein uneinheitliches Bild mit vielen unerfüllten Erwartungen.

Was bedeutet der COP-Ausgang für die Klimapolitik der EU?
Unabhängig von der COP stehen die Klimaziele der EU. Nachhaltigkeit und damit die Bekämpfung des Klimawandels gehören nach wie vor zu den politischen Schwerpunktthemen der Europäischen Union – wenn auch überlagert von anderen Themen wie der Verteidigungspolitik. Natürlich muss man abwarten, welche Schwerpunkte die neue europäische Kommission setzen wird, aber klar ist schon jetzt, dass das Thema Nachhaltigkeit weiter wesentlicher Bestandteil der Agenda sein wird. Dabei rückt der Abbau von Bürokratie zunehmend in den Fokus. Insbesondere geht es darum, regulatorische Vorgaben zu vereinfachen – die Unternehmen brauchen Gestaltungsspielraum. Die Finanzierung des Übergangs, die sogenannte Transition Finance, wird damit zur Kernpriorität der europäischen Nachhaltigkeitsbestrebungen. Denn ohne ein höheres Tempo bei der Dekarbonisierung lassen sich die EU-Klimaziele nicht verwirklichen.

Haben die COP und die erweiterte Schwerpunktsetzung in der EU konkrete Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsstrategie der der Commerzbank?
Das schauen wir uns selbstverständlich genau an. Unser Ziel, bis spätestens 2050 die Emissionen unseres Anlage- und Kreditportfolios auf netto Null zu senken, bleibt davon unberührt.

Wir setzen uns schon lange dafür ein, die Transition beziehungsweise den Übergang viel stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Die meisten Unternehmen – in Deutschland, in Europa und weltweit – befinden sich zurzeit in dieser Phase. Und das sollte sich sowohl in der Finanzierung als auch in einer entsprechenden Taxonomie widerspiegeln.

Ein eigenständiges, möglichst schlankes Rahmenwerk für Transition Finance, würde diese Aufgabe erleichtern und den nachhaltigen Wandel beschleunigen. Dazu gehören vereinheitlichte Reporting-Anforderungen, basierend auf internationalen Standards.

Als Commerzbank stehen wir bereit, unsere Kunden aktiv zu unterstützen und Finanzströme in Richtung nachhaltiger Investitionen zu lenken. Ab 2025 sogar mit einem bundesweiten, an sechs Standorten aufgestellten Team aus ESG-Beratungsspezialisten. Dabei kommt auch unsere Sektor-Expertise zum Tragen.

Denn je höher die Transformationsgeschwindigkeit, zu der wir unseren Kundinnen und Kunden verhelfen können, desto mehr erreichen wir für den Klimaschutz.

Porträt von Bettina Storck
© Pavel Becker

Bettina Storck

Sie ist seit 2020 Leiterin des Bereichs Group Sustainability Management bei der Commerzbank und zeichnet für die Nachhaltigkeitsstrategie der Bank verantwortlich. Auf ihren vorherigen Positionen in der Bank war sie unter anderem als Projektmanagerin an der Strategieentwicklung für den Gesamtkonzern beteiligt und als Pressesprecherin für die Themen Finanzen und Strategie zuständig. Seit Mai 2024 ist sie zudem Mitglied im Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung.