Trump oder Harris – Fahrplan für die Wahl
Das Ergebnis der US-Wahlen am Dienstag steht womöglich erst Tage später fest.
Commerzbank Economic Research
01.11.2024
Letzte Umfragen zeigen Kopf-an-Kopf-Rennen...
Letzten Umfragen zufolge liegen Kamala Harris und Donald Trump im nationalen Durchschnitt fast gleichauf. Am Ende werden die besonders umkämpften Bundesstaaten wie Pennsylvania, Georgia, North Carolina, Michigan, Arizona, Wisconsin und Nevada den Ausschlag geben. In den meisten dieser Swing States hat sich Trump zwar einen leichten Vorsprung erarbeitet, aber dieser bewegt sich fast immer im Bereich der üblichen statistischen Fehlermarge der Umfragen.
Wann gibt es erste Ergebnisse?
Die ersten Wahllokale schließen in den östlichen Teilen von Indiana und Kentucky um Mitternacht deutscher Zeit. Um 1 Uhr ist die Wahl in sechs Bundesstaaten mit zusammen 60 der 538 Wahlleute vorbei. Darunter befindet sich als erster Swing State Georgia. Um 1.30 folgt unter anderem North Carolina. Im Gros der Bundesstaaten schließen die Wahllokale um 2 Uhr (z.B. Pennsylvania und Teile von Michigan) oder 3 Uhr (z.B. Arizona, Wisconsin und der Rest von Michigan). Danach wird mit Ausnahme von Nevada nur noch in Staaten gewählt, bei denen der Sieger wohl ohnehin klar ist.
Wenn es mal wieder etwas länger dauert ...
Hochrechnungen für die einzelnen Staaten werden auf der Grundlage von Nachwahlbefragungen erst nach dem Schließen der Wahllokale in diesem Staat veröffentlicht. Sofern diese kein klares Ergebnis zeigen, werden die überregionalen Medien damit zögern, diesen Staat dem einen oder anderen Kandidaten zuzuschlagen. Dann muss das amtliche Ergebnis abgewartet werden. Und dies kann auf sich warten lassen, besonders wenn eine Vielzahl von Briefwahlstimmen auszuzählen ist. Briefwahlstimmen müssen zwar spätestens am Wahltag auf dem Postweg sein, es gelten aber unterschiedliche Fristen, bis wann eine Briefwahlstimme spätestens einzugehen hat. Hier reicht die Spanne von drei Tagen nach der Wahl (im Jahr 2024 also der 8. November) bis zu 21 Tagen (26. November). Bei sehr engem Wahlergebnis in dem betreffenden Staat kann es daher auf die erst nach dem Wahltag eingehenden Briefwahlstimmen ankommen.
... wie 2020 ...
Bei der Wahl 2020 wurde aufgrund der Corona-Pandemie eine ungewöhnlich hohe Zahl an Briefwahlstimmen abgegeben. In Pennsylvania ist es – wie in sechs anderen US-Bundesstaaten – nicht erlaubt, Briefwahlumschläge vor dem Wahltag zu öffnen und zum Einscannen/Auszählen vorzubereiten. Die Auszählung selbst darf erst nach Schließung der Wahllokale erfolgen. Der kompliziertere Vorgang beim Auszählen der Briefwahlstimmen führte daher bereits zu Verzögerungen. Außerdem war der Wahlausgang in Pennsylvania sehr knapp, was aufgrund drohender rechtlicher Maßnahmen des Wahlverlierers zu besonderer Sorgfalt veranlasste. Letztlich wurde der Wahlsieger erst am Samstag – vier Tage nach der Wahl – ausgerufen.
... oder 2000 ...
Noch deutlich länger dauerte es 2000, bis die Entscheidung zwischen dem Republikaner George W. Bush und dem Demokraten Al Gore gefallen war. Knackpunkt war hier die Entscheidung in Florida, wo die beiden Kandidaten äußerst eng beieinander lagen. Zunächst führte Bush, aber nach einer Neuauszählung in einem Wahlkreis schrumpfte sein Vorsprung. Sein Konkurrent Al Gore setzte dann auf dem Gerichtswege weitere Nachzählungen durch. Nach einigem Hin und Her zog der Supreme Court – das Oberste Gericht der USA – die Entscheidung an sich und befasste sich in drei Urteilen mit der Sache. Das Gericht entschied schließlich am 12. Dezember mit einer knappen Mehrheit von 5:4 Stimmen, dass eine verfassungskonforme Neuauszählung bis zum Ablauf der gesetzlich vorgegeben Frist am Ende dieses Tages nicht gewährleistet sei und stoppte deshalb die Neuauszählungen. Bush lag zu diesem Zeitpunkt mit 537 Stimmen vorn und gewann damit die Wahlleute für Florida und somit die Präsidentschaftswahlen. Sein Wahlsieg stand somit erst 35 Tage nach der Wahl fest.
... und 2024?
Auch dieses Mal ist wieder mit vielen Briefwahlstimmen zu rechnen, auch wenn der durch die Corona-Pandemie verursachte Rekord von 2020 wohl nicht erreicht wird (es gingen damals 67 Millionen Briefwahlstimmen ein, bei insgesamt 159 Millionen abgegebenen Stimmen). Viele Staaten haben in Technik investiert, um die Verarbeitung der Briefwahlstimmen zu beschleunigen. In Pennsylvania beispielsweise hat die Staatsregierung auch mehr Geld zur Verfügung gestellt, um zusätzliche Wahlhelfer einzustellen. Insgesamt hat man die Sicherheit und Effizienz der Abläufe überarbeitet, auch um etwaigen Sorgen vor Wahlfälschungen einen Riegel vorzuschieben.
Dies spricht zwar dafür, dass es 2024 etwas schneller gehen könnte als 2020. Wenn man den Umfragen vertraut, dürfte das Ergebnis allerdings erneut knapp ausfallen, und die Verlierer könnten wieder auf juristische Manöver setzen, was zu weiteren Verzögerungen führen könnte. Somit ist es fraglich, ob der Sieger bereits am Mittwoch – dem Tag nach der Wahl – feststeht.
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