Was kann 2025 schiefgehen?
Vor vier Wochen haben wir unseren Ausblick auf 2025 veröffentlicht.
Commerzbank Economic Research
13.12.2024
Fed auf einem schmalen Grat
Für die US-Notenbank dürfte das kommende Jahr nicht einfach werden. Denn die Inflation wird wohl auch im kommenden Jahr über ihrem Ziel von 2% liegen. So ist die Wirtschaft weiter hoch ausgelastet, was für weiter recht kräftig steigende Löhne spricht, die die Unternehmen wohl weitgehend an ihre Kunden weitergeben werden. Hinzu kommt die sich abzeichnende Wirtschaftspolitik der neuen Trump-Administration. Die geplanten deutlich höheren Zölle und die expansivere Finanzpolitik würden den Inflationsdruck voraussichtlich merklich verstärken.
Bei der Reaktion auf den Anstieg der Inflation wird sich die Fed auf einem schmalen Grat bewegen. Erhöht sie die Zinsen spürbar, würde dies die Finanzmärkte stark belasten. Schließlich hat die Aussicht auf niedrigere Zinsen die sehr positive Entwicklung der Aktienmärkte in den vergangenen Monaten zumindest mit angeschoben, und derzeit ist an den Terminmärkten keine Zinserhöhung eingepreist. Andererseits könnte auch ein Stillhalten der Fed trotz anziehender Inflation an den Finanzmärkten für Unruhe sorgen und die Inflationserwartungen steigen lassen, insbesondere wenn der Verdacht bestünde, dass die Fed politischem Druck nachgeben würde. Dies würde voraussichtlich insbesondere am Rentenmarkt tiefe Spuren hinterlassen.
Wir gehen davon aus, dass die Fed diese Gratwanderung erfolgreich absolvieren wird. Gegen Zinserhöhungen spricht, dass sich die Fed damit in einen offenen Konflikt mit der Regierung begeben würde. Die dann zu erwartenden Angriffe aus dem Weißen Haus würden wahrscheinlich manchen Investor daran zweifeln lassen, dass die Fed ihre Unabhängigkeit auf Dauer behaupten könnte. Darum gehen wir davon aus, dass sie auf die höhere Inflation nicht mit Zinserhöhungen reagieren wird.
Allerdings dürfte sie den Zinssenkungszyklus bereits bei einem Leitzins von 4% beenden und darauf hinweisen, dass sich der Zins damit immer noch auf einem eher restriktiven Niveau befindet. Die Anleger dürften ihr das abnehmen und ihre langfristigen Inflationserwartungen nicht nach oben revidieren. Schließlich genießt die Fed an den Märkten großes Vertrauen. So blieben die Inflationserwartungen der Anleger selbst dann gut verankert, als die Notenbank auf den Inflationsschock 2022 zunächst zögerlich reagierte.
Rezession im Euroraum?
Während die US-Wirtschaft weiter recht kräftig wächst und damit Inflationsgefahren heraufbeschwört, ist im Euroraum von der allgemein erwarteten Belebung noch nichts zu sehen. Vielmehr ist der Einkaufsmanagerindex für die Industrie und das Dienstleistungsgewerbe im November erneut gefallen und befindet sich nun auf einem Niveau, bei dem sich die Euroraum-Wirtschaft in früheren Zyklen zumeist in einer Rezession befand. Darum ist nicht auszuschließen, dass die Euroraum-Wirtschaft vor einer Belebung erst noch in eine Rezession abrutscht. Denn potenzielle Belastungsfaktoren gibt es genug: Die schwache Nachfrage aus China, drohende Zölle der USA auf Einfuhren aus Europa und die in einigen Euro-Ländern wie Frankreich und Italien dringend gebotene Konsolidierung der Staatsfinanzen.
Allerdings dürfte der größte Belastungsfaktor der vergangenen beiden Jahren mehr und mehr an Bedeutung verlieren: die massiven Zinserhöhungen der EZB zwischen Sommer 2022 und Herbst 2023. Inzwischen dürfte sich die Wirtschaft weitgehend daran gewöhnt haben, dass Fremdkapital wieder einen deutlich höheren Preis hat. Die bei den höheren Zinsen nicht mehr rentablen Projekte dürften weitgehend eingestellt worden sein, sodass dieser Anpassungsprozess das Wachstum nicht mehr bremst. Vielmehr dürften sich im Verlauf des kommenden Jahres mehr und mehr die seit dem Sommer erfolgten Zinssenkungen der EZB und vieler anderer Notenbanken positiv bemerkbar machen und eine – wenn auch schwache – Belebung der Konjunktur anschieben (Prognose Euroraum 2025: 0,9%).
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