Ifo – ein Warnzeichen

Nach dem Rückgang der Einkaufsmanagerindizes ist nun auch das Ifo-Geschäftsklima überraschend gefallen (von 89,3 auf 88,6).

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Dr. Jörg Krämer

Commerzbank Economic Research

24. Juni 2024

Das ist ein Warnsignal. Wir rechnen mehr denn je nur mit einer moderaten wirtschaftlichen Erholung. Zum einen wirkt die Geldpolitik der EZB noch bremsend. Zum anderen sind viele Unternehmen verunsichert, weil die Bundesregierung nicht entschieden handelt, obwohl Deutschland bei der Standortqualität seit Jahren zurückfällt.

Das Ifo-Geschäftsklima für die deutsche Wirtschaft ist im Juni unerwartet gefallen – von 89,3 auf 88,6. Die vorab befragten Volkswirte hatten dagegen mit einem leichten Anstieg gerechnet (Konsens: 89,6; Commerzbank: 90,0). Der Rückgang geht alleine auf die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate zurück (89,0 nach 90,3 im Mai). Bei den einzelnen Wirtschaftszweigen ist eine gewisse Gegenbewegung zum Vormonat zu beobachten. Das Dienstleistungsgewerbe hat den Einbruch im Mai mehr als wettgemacht, während das Geschäftsklima im verarbeitenden Gewerbe nach der Erholung im Mai wieder deutlich gefallen ist.

Ifo weist im Trend weiter nach oben, ...

Nach dem deutlichen Rückgang des Einkaufsmanagerindex stellt sich die Frage, was der Rückgang des Ifo-Geschäftsklima nach dem leichten Minus im Mai zu bedeuten hat. Dies kann natürlich auch Ausdruck üblicher kurzfristiger Schwankungen sein. Um diese auszuschalten, betrachten wir den gleitenden Sechs-Monatsdurchschnitt des Ifo-Geschäftsklimas. Dieser legte im Juni weiter zu. Das Ifo-Geschäftsklima befindet sich also trotz des Rücksetzers im Juni weiter im Aufwärtstrend und signalisiert für die kommenden Monaten eine konjunkturelle Erholung.

... signalisiert aber nur eine moderate konjunkturelle Erholung

Aber man sollte das Ifo-Minus im Juni nicht nur als bloße Volatilität abtun. Vielmehr deutet die zögerliche Entwicklung des Geschäftsklimas auf einen nur moderaten Konjunktur-Aufschwung:

  • Geldpolitik noch restriktiv: Die massiven Zinserhöhungen der EZB und anderer westlicher Zentralenbanken liegen mehr als ein Jahr zurück. Die Unternehmen gewöhnen sich zunehmend an das höhere ZInsniveau. Insofern klingt ein Belastungsfaktor ab, was grundsätzlich für eine Konjunkturerholung spricht. Aber die Geldpolitik wirkt trotz der Zinssenkung im Anfang Juni noch immer restriktiv. Sie schiebt die Konjunktur noch nicht an, sodass es beim Ifo-Geschäftsklimas nicht stark nach oben gehen kann.
  • Standortqualität: Seit den Merkel-Jahren verliert Deutschland als Wirtschaftsstandort an Attraktivität, ohne dass die Bundesregierung entschieden gegensteuert. Die Unternehmen sind konsterniert, investieren zunehmend im Ausland. Das dämpft die konjunkturelle Erholung.

Wir erwarten für die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr eine Stagnation (0,0%) und für das kommende Jahr ein verhaltenes Plus von 0,8%. Wir bleiben damit vorsichtiger als das Gros der Volkswirte (+1,2% für 2025).

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