EZB-Strategie – die überfällige Revision

Die EZB überarbeitet ihre geldpolitische Strategie.

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Dr. Jörg Krämer

Commerzbank Economic Research

28.02.2025

Das ist überfällig. Deflation wird nämlich auch in der Zukunft nicht das dominante Risiko sein.

Die Europäische Zentralbank (EZB) überarbeitet zurzeit ihre geldpolitische Strategie, mit der sie in den kommenden Jahren für eine niedrige Inflation von zwei Prozent sorgen will. Aber EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die Strategie-Revision von Anfang an heruntergespielt. Das überrascht. Denn die bisherige geldpolitische Strategie mit der Möglichkeit massiver Käufe von Staatsanleihen basiert auf der zweifelhaften Annahme, dass Deflation, also ein breitbasiertes Sinken der Verbraucherpreise, viel gefährlicher ist als Inflation.

Keine deflationäre Abwärtsspirale beobachtbar, ...

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die Zentralbank der Zentralbanken, zeigt jedoch, dass es keine Anzeichen für die immer wieder beschworene Abwärtsspirale aus Kaufzurückhaltung der Konsumenten und fallenden Preisen gibt. So ist die Wirtschaftsleistung während des Goldstandards in den vier Jahrzehnten vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs regelmäßig deutlich gestiegen, obwohl die Verbraucherpreise in dieser Epoche häufig gesunken sind. Auch für die Zeit seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs lässt sich zeigen, dass die Wirtschaft durchgehend wuchs, auch wenn die Verbraucherpreise zwischenzeitlich fielen. Das gilt übrigens auch für Japan, dessen Pro-Kopf-Einkommen seit dem Jahr 2000 trotz zwischenzeitlicher Rückgänge der Verbraucherpreise pro Jahr immerhin um 0,8 Prozent zulegte.

Das einzige Gegenbeispiel sind die Jahre zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg. Damals brach in den USA sowohl die Konjunktur als auch das Preisniveau ein. Das ging als Große Depression in die Wirtschaftsgeschichte ein. Allerdings war das Sinken der Verbraucherpreise nicht Ursache der wirtschaftlichen Misere, sondern Symptom eines tieferen Problems. Gefangen im Goldstandard hatte die US-Notenbank nach dem Crash an der Wallstreet 1929 den strauchelnden Banken nicht die notwendige zusätzliche Liquidität bereitgestellt. In der Folge ging rund ein Drittel der US-Banken in die Insolvenz. Die dadurch vernichteten Bankeinlagen ließen die Geldmenge kollabieren und zogen die Verbraucherpreise ebenso nach unten wie die Produktion der Unternehmen, die keine Kredite mehr bekamen. Die Große Depression ging also auf eine fehlerhafte Liquiditätspolitik der US-Notenbank zurück und nicht auf fallende Verbraucherpreise.

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