„Wir gehen dahin, wo unsere Kunden uns brauchen!"
Wachstumschancen sind entscheidend für die globale Standortpolitik von Unternehmen. Damit auch für die Commerzbank. Kunden profitieren von länderübergreifender Betreuung.
Commerzbank
Brigitte, du bist unter anderem für unsere internationalen Repräsentanzen zuständig. Auf unsere Mitteilung hin, dass wir im Dezember 2024 in Litauen eine neue Repräsentanz eröffnen werden, gab es eine breite positive Resonanz. Warum Litauen?
Brigitte Réthier: Weil wir dahin gehen, wo unsere Kunden uns brauchen. Litauen und die baltischen Länder gehören zu den prosperierenden Regionen Europas. Die Mitgliedschaft in der EU und NATO erleichtert die wirtschaftliche Kooperation und fördert die politische Stabilität Litauens. Darüber hinaus hat die Region gut ausgebildete Arbeitskräfte und eine fortschrittliche IT-Infrastruktur. Hinzu kommt, dass der Handel mit dem Baltikum deutlich zugenommen hat, zum Beispiel mit landwirtschaftlichen Produkten und Maschinen. Deutsche Unternehmen investieren dort in die Sektoren Fertigung, Logistik, IT und – nicht zu vergessen – in die Zukunftsbranche erneuerbare Energien.
… weshalb im Oktober 2023 auch eine Repräsentanz in Marokko dazukam.
Brigitte: Richtig. Marokko investiert stark in erneuerbare Energien, insbesondere in Solar- und Windkraft. Eines der größten Solarwärmekraftwerke der Welt steht dort, in Quarzazate. Dafür hat zum Beispiel Siemens Turbinen und Generatoren geliefert. Außerdem investiert das Land kräftig in den Ausbau von Infrastruktur, wie den Bau von Straßen, Brücken und Häfen. Daran sind viele deutsche Unternehmen beteiligt. Das wollen wir finanzieren. Marokko dient als Sprungbrett für Geschäfte in ganz Afrika, hat ein Freihandelsabkommen mit der EU, den USA und vielen afrikanischen Ländern.
Litauen, Marokko … wie sieht die Strategie dahinter aus?
Roland Boehm: Lass mich eine Frage voranstellen, nämlich warum haben wir überhaupt eine Auslandsstrategie? Eine Strategie folgt dem Ziel. Das Ziel unserer Firmenkunden lautet Wachstum. Unser Ziel lautet Wachstum. Und Wachstum findet derzeit stärker im Ausland statt. Deshalb verlagern auch wir unsere Businessaktivitäten dorthin, wo unsere Kunden sind. Leider steckt Deutschland trotz vieler toller Firmen wirtschaftlich in der Defensive. Deshalb müssen Unternehmen neue internationale Märkte erschließen. Als Commerzbank betrachten wir die DACH-Region als unseren Heimatmarkt. Und diese Kunden begleiten wir in die Welt.
Und in der Welt haben wir als Commerzbank sowohl Niederlassungen als auch Repräsentanzen. Wie können Repräsentanzen eigentlich unsere Firmenkunden unterstützen, wenn sie nicht berechtigt sind, das klassische Bankgeschäft wie Einlagen, Kredite und Zahlungsverkehr vor Ort abzuwickeln?
Brigitte: Generell unterstützen die Repräsentanzen unsere international agierenden Firmenkunden vor allem durch den Aufbau und die Pflege eines guten Korrespondenzbanknetzes. Das ist immens wichtig, um im Ausland auch ohne eigene Banklizenzen in Kooperation mit diesen Korrespondenz- und Partnerbanken Finanztransaktionen und Dienstleistungen wie Zahlungsverkehr, Devisengeschäfte und Handelsfinanzierungen abwickeln lassen zu können. Hinzu kommt unser Mehrwert für Kunden durch die lokale Marktkompetenz. Die Teams in den Repräsentanzen sind unsere Augen und Ohren vor Ort. Sie pflegen intensive Netzwerke zur Wirtschaft, zur öffentlichen Hand inklusive Zentralbanken und Finanzministerien, zur Politik sowie zu den internationalen Handelskammern. Allein dieses Wissen macht uns zum geschätzten Gesprächspartner für Firmenkunden. Eine Besonderheit von Repräsentanzen ist sicherlich, dass sie keine eigenen Kunden haben, kein operatives Bankgeschäft machen und auch keine aktive Vertriebsarbeit übernehmen.
Roland: Unsere Kunden legen großen Wert darauf, dass ihre Bank im Ausland dort präsent ist, wo sie selbst sind. Das macht sich auch in unseren Zahlen bemerkbar. Gegenüber dem Vorjahr werden wir ein deutliches Wachstum mit internationalen Firmenkunden verzeichnen, die wir in mehreren Auslandsniederlassungen betreuen.
… deutliches Wachstum mit multinationalen Kunden hört sich gut an. Was ist der Grund dafür?
Roland: Der Grund dafür liegt in unserem länderübergreifenden Betreuungsansatz. Nehmen wir als Beispiel mal einen Kunden aus dem herstellenden Gewerbe mit Produktionsstandorten in mehreren Ländern. Was macht hier unseren Mehrwert aus? Zum einen unsere Kompetenz in den lokalen Märkten, zum anderen – und das ist das Besondere an der Commerzbank – ergänzen wir dieses Wissen um die ausländische Sektorkompetenz der Kolleginnen und Kollegen in Frankfurt. Damit sind wir in der Lage, Marktpotenziale für unsere Kunden sichtbar zu machen und zu heben. Das ist unser USP im Ausland. Auf diesen globalen sprach-, kultur-, und wissensübergreifenden Austausch im Team bin ich besonders stolz.
Wenn wir schon über Wachstum sprechen, in welchem globalen Markt siehst du die größten Wachstumspotenziale für uns?
Roland: In den USA. Hier sehen wir erhebliche Potenziale, die sich insbesondere aus den makroökonomischen Daten ableiten lassen. Trends wie erneuerbare Energien werden in den USA vorangetrieben. Außerdem gibt es einen Rekord an Direktinvestitionen. Von der Verteilung des Finanzierungsbedarfs wollen wir ein großes Stück vom Kuchen abhaben.
Wie sieht es mit Wachstum in Asien und China aus?
Roland: China bleibt ein wichtiger Markt für uns. Im China-Banking sind wir traditionell stark bei Handelsfinanzierungen, Cash-Management, Devisengeschäften und Risikomanagement. Wir ziehen uns also nicht wie manch andere Banken aufgrund von regulatorischen Herausforderungen zurück, sondern fahren eine fokussierte Strategie. Trotz diverser Herausforderungen wie bespielweise die verschlechterten Beziehungen zwischen China und den USA und anderen westlichen Ländern. Grund sind strengere Regulierungen für ausländische Unternehmen, Lieferkettenprobleme oder steigende Lohnkosten. Dennoch: Wir bleiben unseren Kunden mit unseren Niederlassungen in Schanghai und Peking erhalten.
In welchen Ländern sehen unsere Kunden derzeit Chancen? Wo ziehen sie sich zurück?
Brigitte: Globales Wirtschaften ist für Unternehmen sehr komplex geworden. Risikominimierung lautet die Devise. Das sehen wir auch an der steigenden Zahl Absicherungsgeschäfte für Währungen, Zinsen und Rohstoffe. Wenn wir uns anschauen, wo unsere Firmenkunden aktuell ihre Chancen sehen, sind vor allem die USA und Südostasien zu nennen.
Roland: Die Vorteile in diesen Ländern liegen im wachsenden Marktpotenzial, der Risikominimierung durch eine breitere geografische Aufstellung und speziell in Südostasien die niedrigeren Lohnkosten. Aber auch China ist für bestimmte Branchen noch als Chancenland zu nennen. Auch wenn die wirtschaftliche Erholung in China langsamer verläuft als erhofft, ist das Land für die Chemiebranche derzeit der führende Markt mit sehr guten Wachstumsaussichten. In der Automobilindustrie investiert Bosch als größter Zulieferer in ein neues Zentrum in Suzhou, um von dort aus hauptsächliche chinesische Autobauer und deren im Trend liegenden E-Autos auszurüsten.
Brigitte: Gleichzeitig waren deutsche Unternehmen, und hier besonders die Zulieferindustrie, gezwungen, sich mit ihrer Produktion aus Ländern wie Weißrussland und der Ukraine zurückzuziehen. Nordafrika und speziell Marokko bieten durch ihre gute logistische Anbindung eine passende Alternative. Weitere Standortvorteile sind gute und teilweise in Europa ausgebildete Fachkräfte sowie eine kompetitive Kostenstruktur. Zudem bilden marokkanische Banken durch ihre panafrikanische Präsenz eine gute Brücke für weitere Marktausweitungen nach Westafrika. Noch sind die deutschen Investitionen in diese Region im Vergleich mit Asien gering, aber wir verspüren eine wachsende Aufmerksamkeit. Sei es im Bereich der alternativen Energien, der Automobil- und Aircraft-Zulieferindustrie, der Textilindustrie oder auch dem Dienstleistungssektor. Zudem stehen milliardengroße Infrastrukturinvestitionen im Bereich Transport, Wasser und Energie an. Allein die Fußball-WM im Jahr 2030 sorgt in Marokko für zahlreiche und umfassende Projektinvestitionen.
Roland: Trotz zunehmender Komplexität sehen wir aber auch, dass sich die meisten Kunden den Herausforderungen in den globalen Märkten stellen. Unternehmen haben ein Interesse an Lösungen, die ihren internationalen Erfolg ermöglichen. Deshalb bieten wir Dienstleistungen an, die unseren internationalen Firmenkunden helfen, sich grenzübergreifend gegen Risiken abzusichern und das Wachstum zu fördern.
Welche Veränderungen ergeben sich für uns als Bank aus den globalen Herausforderungen der Kunden?
Roland: Zum einen müssen wir immer wieder unsere globale Aufstellung prüfen, um dort zu sein, wo unsere Kunden uns brauchen. Das passt gut zu unserer Strategie 2027, die – und dazu gehört auch unsere internationale Standortpolitik – auf Wachstum ausgerichtet ist. Zum anderen steigt der Anteil unserer strategischen Beratung. Internationale Banken stehen im Mittelpunkt dieser komplexen globalen Wirtschaft. Das gilt auch für uns. Wir müssen die Auswirkungen von politischen Entscheidungen und wirtschaftlichen Entwicklungen genau analysieren, Lösungen finden und anschließend mit unseren internationalen Firmenkunden besprechen.
Brigitte: Globale Veränderungen gibt es viele und Dinge entwickeln sich in immer kürzerer Zeit. Um unsere Kunden bestmöglich beraten zu können, müssen wir Entwicklungen frühzeitig voraussehen und steuern können. Dafür sind wir international sehr gut positioniert. Unser Netzwerk von aktuell 14 Niederlassungen und 25 Repräsentanz-Büros erstreckt sich über 6 Kontinente in mehr als 40 Ländern. Unsere eigenen Standorte und das Wissen daraus werden ergänzt durch unser globales Netzwerk von 1.300 Korrespondenzbanken in über 150 Ländern. Des Weiteren haben wir in Ost- und Mitteleuropa über die Kooperation mit der österreichischen Erste Group unsere Lücke geschlossen. Das alles ist ein echtes Asset.
Zum Abschluss: Wie sieht die internationale Strategie der Commerzbank bis Ende 2027 aus?
Brigitte: Unser Fokus liegt international darauf, das Import- und Exportgeschäft unserer Firmenkunden zu stärken und unsere Repräsentanzen und Korrespondenzbanken entlang neuer Handelskorridore anzupassen. Ziel ist immer, das Wachstum unserer Kunden zu fördern. Dann wachsen wir auch.
Roland: Dabei streben wir ein gezieltes Wachstum an, insbesondere in den USA und Europa. Grüne Projektfinanzierungen, zum Beispiel über unsere Niederlassung New York und Singapur, sind ein wesentlicher Schlüssel für neue Geschäftsfelder. Wenn wir auf das Wachstum in Europa schauen, ist vor allem die Schweiz zu nennen. Hier haben wir einen signifikanten Personalaufbau vorgesehen. Ein Grund dafür ist, dass die firmenkundenstarke Credit Suisse in der UBS aufgegangen ist. Für die Commerzbank sehen wir Potenzial bei Kapitalmarktprodukten wie Schweizer-Franken-Anleihen, Handelsfinanzierungen sowie Absicherungsgeschäften. Unsere Deal-Pipeline ist voll. Generell verbessern wir kontinuierlich unsere internationalen Prozesse und bauen unser digitales Produktangebot für unsere Kunden aus.
Brigitte: Abgesehen von jeder Strategie gilt es, unseren im Ausland tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseren großen Dank auszusprechen: Deren professioneller und engagierter Einsatz für unsere Firmenkunden rund um den Globus in den internationalen Niederlassungen und Repräsentanzen macht den Unterschied. Sie heben die Kundenbeziehungen immer wieder auf das nächste Level. Genau das schätzen unsere Kunden.
Roland: Dem kann ich mich uneingeschränkt anschließen.
Brigitte Réthier
Brigitte begann ihre Karriere 1993 in der Royal Bank of Canada. 1995 wechselte sie zur Dresdner Bank. Seit 2010 hatte sie in der Commerzbank diverse Führungspositionen im Vertrieb, Kreditportfoliomanagement und der strategischen Entwicklung im Firmenkundensegment inne und ist nunmehr seit 2022 Bereichsvorständin für Institutional Clients & Transaction Banking Sales, wozu auch internationale Repräsentanzen zählen.
Roland Boehm
Roland wurde in Essen geboren und wuchs in Australien und Kanada auf. 1990 begann er seine Karriere als Trainee in der Dresdner Bank. Vor seiner aktuellen Position war er Bereichsleiter für Debt Capital Markets Loans. 2016 wurde er zum Bereichsvorstand International Corporates und verantwortet seitdem 14 Länder und berät internationale, deutsche sowie DAX-Unternehmen.